Grund für mildere Verläufe
Omikron befällt die Lunge seltener als andere Varianten

Die Omikron-Variante des Coronavirus breitet sich zwar rasend schnell aus, ist aber weniger gefährlich als frühere Varianten – zu diesem Schluss kommen Forschende auf der ganzen Welt. Eine neue Studie konnte die Frage nach dem «Warum» nun, zumindest ansatzweise, klären.
Publiziert: 01.01.2022 um 18:13 Uhr
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Forschende aus den USA und Japan haben neue Erkenntnisse zu der Omikron-Variante gewonnen.
Foto: keystone-sda.ch

Die Omikron-Variante des Coronavirus breitet sich auch hierzulande rasend schnell aus, die Unsicherheit ist gross. Klar ist, dass die Ansteckungen und Hospitalisierungen im Zusammenhang mit Omikron weiter zunehmen werden, auch in der Schweiz. Und trotzdem: Expertinnen und Experten aus aller Welt stufen die Virusvariante als eher mild ein.

Wie passt das zusammen? Es gibt mehrere Indizien dafür, dass Omikron zwar um Welten ansteckender ist als andere Corona-Varianten, dafür aber oft zu milderen Krankheitsverläufen führt. Woran das liegt, haben Forschende aus den USA und Japan nun, zumindest ansatzweise, herausfinden können.

Hamster weisen tiefere Virenlast in Lunge auf

Die bisher noch ungeprüfte Publikation besagt, dass Omikron die Lunge seltener angreift als andere Varianten des Coronavirus, berichtet die «New York Times». Auch Narbenbildung auf den Lungenflügen sei seltener, als bei Varianten wie Delta oder Alpha. Stattdessen würde die Variante eher auf die oberen Atemwege wie Nase, Rachen und Bronchien abzielen.

Laut der Zeitung haben die Forschenden im Rahmen ihrer Forschungen Hamster und Mäuse mit unterschiedlichen Corona-Varianten infiziert. Dabei war auffällig: die Viruslast in den Nasen der Nager, welche mit Omikron infiziert wurden, war zwar genauso hoch wie bei den früheren Mutationen, in den Lungen aber bedeutend geringer. Infolgedessen kam es bei den Omikron-Hamstern zu weniger tödlichen Ausgängen des Experiments.

Die Forschenden aus den USA und Japan sind bei weitem nicht die Ersten, die zu diesem Schluss kommen: Bereits Mitte Dezember waren Wissenschaftler der Universität Hongkong zu einer ähnlichen Erkenntnis gekommen. Laut ihrer Studie verbreitet sich Omikron zwar bis zu 70-mal schneller in den Bronchien als die Delta-Variante, in der Lunge selbst aber bis zu zehnmal langsamer als frühere Mutationen.

Omikron entwickelt sich zum Atemwegs-Spezialist

Was diese Erkenntnis mit einer milderen Infektion zu tun hat, erklärt der britische Virologe Ravindra Gupta gegenüber der Zeitung. Infektionen mit dem Coronavirus würden typischerweise in der Nase oder dem Mund beginnen und sich von dort ausbreiten. Milde Infektionen kommen aber gar nicht viel weiter – erst wenn das Coronavirus die Lunge erreicht, kann es dort «ernsthaften Schaden» verursachen.

So könnten die Immunzellen in der Lunge überreagieren und nicht nur infizierte, sondern auch gesunde Zellen abtöten. Oder eine unkontrollierte Entzündung hervorrufen, welche die empfindlichen Wände der Lunge vernarben lässt. Darüber hinaus, so Gupta, könne das Coronavirus aus der geschädigten Lunge in den Blutkreislauf entweichen und so Blutgerinnsel auslösen oder gar andere Organe angreifen.

All das tue Omikron aber eher selten, so der Virologe. Er vermutet sogar, dass sich die Variante zu einer Art «Spezialist für obere Atemwege» entwickelt habe. Denn so habe das Virus bessere Chancen, in winzigen Tropfen wieder ausgeatmet zu werden und so neue Wirte zu finden. Ein weiterer Ansatz zur Erklärung der hohen Ansteckungsrate? Diese Frage ist laut den Forschenden noch offen. (chs)

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