Quarantäne und Corona-Tests könnten bald der Vergangenheit angehören. Aber nur für Geimpfte. Damit sorgloses Reisen in Europa wieder möglich wird, verlangt Griechenland von der Europäischen Union (EU) einen einheitlichen Impfpass, der in allen Mitgliedsstaaten akzeptiert wird.
Der konservative griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis (52) fordert dies in einem Brief an EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen (62). «Liebe Ursula», schreibt Mitsotakis, «Personen, die geimpft sind, sollten frei reisen können. Dies wird auch ein positiver Anreiz sein, um sicherzustellen, dass die Bürger dazu ermutigt werden, sich impfen zu lassen, denn nur so kann eine Rückkehr zur Normalität gewährleistet werden.»
Einbruch der Wirtschaftsleistung
Der Brief wurde von Mitsotakis' Büro veröffentlicht. Mit der Einführung eines einheitlichen Impfpasses in der EU hofft der Ministerpräsident, den Tourismus im Sommer wieder ankurbeln zu können. Denn rund 30 Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes hängen vom Tourismus ab.
Die Corona-Krise hat einschneidende Spuren hinterlassen: 2020 brach die griechische Wirtschaft um 10,5 Prozent ein. Auch Griechenland kämpft derzeit immer noch gegen die zweite Corona-Welle. Anfang November verhängte die Regierung einen landesweiten Lockdown, der bis zum
18. Januar verlängert wurde.
Mitsotakis fordert von Kommissionschefin von der Leyen, sich für ein Impfzertifikat starkzumachen, «das beweist, dass eine Person erfolgreich geimpft worden ist». Es sei dringend notwendig, ein einheitliches Impfzertifikat zu haben, «damit es in allen Mitgliedsstaaten akzeptiert wird».
Thematisierung beim Gipfeltreffen gefordert
Das Impfzertifikat soll zwar nicht eine zwingende Voraussetzung sein, um auch zukünftig noch ein Flugzeug besteigen zu dürfen. Aber Reisende, die gegen das Coronavirus geimpft worden sind, sollen laut Mitsotakis keinen Einschränkungen mehr unterliegen.
Mitsotakis will, dass sich die EU-Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfeltreffen am 21. Januar mit der Frage eines Impfpasses beschäftigen. Mehrere europäische Länder sind bereits daran, digitale Lösungen zu entwickeln. So unterzeichnete Estland bereits im Oktober eine Vereinbarung mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO), einen digitalen Impfpass zu entwickeln. Geht es nach der WHO, soll diese «Smart Yellow Card» bei Reisen weltweit zum ständigen Begleiter auf dem Smartphone werden.
Was tut die Schweiz?
Auch in der Schweiz gibt es einen E-Impfausweis. Corona-Geimpfte können ihre Daten auf «myCOVIDvac» eintragen und sich das Dokument selber ausdrucken. Der Eintrag in die Datenbank ist freiwillig. Ob die Schweiz sich einem allfälligen standardisierten EU-Impfpass anschliessen würde, ist nicht bekannt.
Bei der grössten Fraktion im EU-Parlament geniesst der Vorstoss aus Griechenland Unterstützung: Der Chef der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber (48), erachtet den Vorschlag als «praktikable Lösung», wie er gegenüber «Bild» erklärt. Doch laut «Handelsblatt» wird auch Kritik laut. Der grüne Abgeordnete Rasmus Andresen (34) sagt: «Wir wollen keine Privilegien für Geimpfte. Daher beurteilen wir den Vorschlag skeptisch.» (noo)