Darum gehts
- US-Regierung blamiert: Chefredaktor versehentlich in Signal-Gruppenchat aufgenommen
- Experte: Vorfall hat keine Auswirkungen auf transatlantische Beziehungen
- Hochrangige US-Regierungsvertreter nutzen Signal aus Bequemlichkeit für schnellere Kommunikation
Es ist eine riesengrosse Blamage: Der Chefredakteur des US-Magazins «The Atlantic» ist auf der App Signal versehentlich in einen Gruppenchat der amerikanischen Regierung aufgenommen worden, in dem offenbar hochsensible Schlachtpläne und Bombardements auf die Huthi-Miliz im Jemen erörtert wurden.
«Aus amerikanischer Sicht ist das ein blöder Unfall. So schnell wie das auf das Tapet gekommen ist, so schnell wird der Vorfall vermutlich auch wieder weg sein», analysiert Remo Reginold (39), Direktor des Swiss Institutes for Global Affairs (SIGA), den Vorfall im Gespräch mit Blick. «Bei der subjektiv gefühlten Sicherheit löst das bei offiziellen Stellen ein ungutes Gefühl aus. Es ist aber ein Sturm im Wasserglas und hat keine eigentliche Bedeutung für die transatlantischen Beziehungen», erklärt Reginold weiter.
Nicht das erste Fettnäpfchen
Amerika habe mit der «Pivot-to-Asia-Strategie» schon länger die Priorität auf Asien gesetzt und in diesem Kontext seien die transatlantischen Beziehungen zu Europa sekundär. Das habe Vizepräsident J. D. Vance (40) nun unverhohlen zum Ausdruck gebracht.
Bereits in der Vergangenheit gab es haarsträubende Fälle, als beispielsweise die ehemalige deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (70) von den USA abgehört wurde. Deutschland war damals zwar verärgert, grundlegend verändert hat sich an den Beziehungen beider Länder allerdings nichts. Mittlerweile scheint die Abhöraktion längst vergessen.
Datensicherheit als Fremdwort
Doch warum nutzen hochrangige US-Regierungsvertreter wie Vizepräsident Vance oder CIA-Direktor John Ratcliffe (59) überhaupt eine Kommunikationsapp wie Signal? Reginold sagt: «Ich stelle mir vor, dass dies aus Bequemlichkeit passiert ist.» Denn: Über Signal kann viel schneller und einfacher kommuniziert werden als über verschlüsselte Regierungskanäle.
«Es ist ein Ausdruck der Hektik der informationsgetriebenen Gesellschaft und zeigt, dass man heute Bequemlichkeit und Schnelligkeit über Datensicherheit stellt», so Reginold. Beim Thema Cyber-Resilienz offenbare sich: Das Praktische und Effiziente gewinne gegenüber der Sicherheit.
Feinde werden zuversichtlich
Diese Fahrlässigkeit spielt den Gegnern der amerikanischen Politik in die Hände. «China wird sich beispielsweise fragen, ob die USA den Informationsraum nicht im Griff haben. Man braucht anscheinend keine grossen Hackerangriffe zu planen, man schafft es mit ganz einfachen Mitteln, in gewisse Räume vorzudringen, auch wenn das aus Zufall passiert ist» erklärt Reginold.
Wenn die USA ihre Systeme nicht im Griff haben, demontiere sich die innovationsgetriebene KI-Nation gleich selbst. «Bei einem Gegner löst es das Gefühl aus, dass man diese Leute ganz einfach austricksen kann», schliesst Reginold.