Die Pharmafirmen scheffeln mit der Herstellung und dem Verkauf von Corona-Impfstoff Milliarden. Logisch, dass da Kriminelle alles unternehmen, um davon zu profitieren.
Am Mittwoch schlug die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) mit Sitz in Amsterdam Alarm: Sie informierte darüber, dass sie Ziel eines Cyberangriffs geworden sei. Dabei gelangten die Hacker an Daten der Mainzer Firma Biontech sowie der US-Firma Pfizer, die zusammen als Pioniere beim Corona-Impfstoff gelten. So hat alleine Grossbritannien, das diese Woche als erstes europäisches Land mit dem Impfen begonnen hat, bei Pfizer/Biontech 40 Millionen Impfdosen bestellt.
Hacker kommen oft per Mail
Die EMA machte keine genaueren Angaben zur Cyberattacke, weder über das Ausmass der angegriffenen Dateien noch über Vermutungen zu den Angreifern. Nach dem «unrechtmässigen Zugriff» auf Dokumente seien jedoch keine Systeme von Biontech oder Pfizer angegriffen worden, hiess es.
Erfahrungen zeigen, dass Hacker oft über Mails, die sie an Führungspersonen verschicken, an Login-Daten gelangen. Sie benutzten dazu gefälschte Identitäten von Absendern – etwa von Herstellern von Kühlgeräten, Trockeneis und Solarpanels, die verwendet werden, um den Impfstoff gekühlt in abgelegene Gebiete zu transportieren.
Drohnenabwehr für Lagerhallen
Mit dem Start des Vertriebs von Impfstoffen steigt die Nervosität. Vergangene Woche warnte Interpol vor einer Zunahme von Kriminalität. Interpol-Generalsekretär Jürgen Stock (61): «Während Regierungen die Markteinführung von Impfungen vorbereiten, planen kriminelle Organisationen, Lieferketten zu unterwandern oder zu stören.»
Auch das deutsche Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik warnt: «Die Bedrohungslage der deutschen Impfstoffhersteller schätzen wir als hoch ein.» Hersteller seien ein attraktives Ziel für Cyberangreifer, hinter denen sich nebst der organisierten Kriminalität auch staatlichen Organisationen und Konkurrenzunternehmen versteckten.
Yvonne Ziegler (54), Professorin für Betriebswirtschaft mit besonderem Schwerpunkt Internationales Luftverkehrsmanagement an der Frankfurt University of Applied Sciences, plädiert für höchste Sicherheitsvorkehrungen bei der Lagerung. Auf dem «Deutschen Gesundheitsportal» wird sie zitiert: «Da die Impfstoffe vermutlich auch einen hohen Schwarzmarktwert haben werden, sind hohe Sicherheitsvorkehrungen wie zum Beispiel Zugangskontrollen, Überwachungssysteme und sogar Drohnenabwehrsysteme für Lagerhallen ebenso wichtig.»
Armee sichert Lager
Das Logistikzentrum Kühne+Nagel mit Sitz in Schindellegi SZ hat Verträge abgeschlossen, um weltweit Impfstoff zu vertreiben. Nicht einfach, denn das Material muss bei bis minus 80 Grad gelagert werden. Wie wird das kostbare Gut gesichert, gab es Hackerangriffe? Die Firma will sich zu Sicherheitsfragen nicht äussern. Sprecher Dominique Nadelhofer sagt zu BLICK auf Anfrage lediglich: «Grundsätzlich tragen wir Sorge dafür, dass die Waren aller unserer Kunden sicher transportiert werden.»
Für die Verteilung der Impfdosen in der Schweiz hat der Bund die Armee aufgeboten. Sie stellt dafür die Lagerinfrastruktur zur Verfügung und hat eigens Ultratiefkühlgeräte für die Lagerung der Impfdosen gekauft. Auch bei der Armeespitze herrscht grosse Geheimhaltung. Sprecher Stefan Hofer sagt zu BLICK: «Die Anlagen sind klassifiziert. Die Anzahl und die Standorte der Lagerorte können wir aus Sicherheitsgründen nicht kommunizieren, um unserer Schutzdispositive nicht zu gefährden.»
Klar ist, dass die Anlagen massiv bewacht werden. Hofer: «Die Sicherheit dieser bereits bestehenden Standorte wird durch die Berufsorganisation der Armee gewährleistet, unter anderem auch durch technischen Installationen.»
Für den Schutz des erlösenden Impfstoffes wird enormer Aufwand betrieben. Denn es wäre verheerend, wenn der Stoff in falsche Hände geriete.