Auf einen Blick
- Zwei nordkoreanische Soldaten in der Ukraine gefangen genommen und verhört
- Soldaten wussten nicht, dass sie in Kriegsgebiet geschickt werden
- Schätzungsweise 12'000 nordkoreanische Soldaten von Pjöngjang nach Russland entsandt
Sie kämpften auf russischer Seite, fernab von ihrer Heimat – nun sitzen sie im Gefängnis: Am Sonntag hat das ukrainische Militär erstmals seit Kriegsausbruch zwei nordkoreanische Soldaten gefangen genommen. Während des anschliessenden Verhörs durch ukrainische und südkoreanische Geheimdienstmitarbeiter packte einer der Gefangenen über den Kriegseinsatz aus.
Der Mann gab an, nicht gewusst zu haben, dass er in ein Kriegsgebiet geschickt werde, zitiert die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap den Soldaten. «Er habe angenommen, es handle sich bei seiner Entsendung lediglich um einen Ausbildungseinsatz.» Erst bei der Ankunft an der Front sei ihm klar geworden, dass er in einen echten Kampfeinsatz geschickt worden sei.
Ausbildung durch Russen-Generäle
Der Soldat berichtete weiter, dass er im November in der Ukraine angekommen sei und zuvor eine militärische Ausbildung durch russische Streitkräfte erhalten habe.
Besonders alarmierend: Der Mann sprach während seines Verhörs über die hohen Verluste unter nordkoreanischen Truppen. Laut Yonhap sprach er von «erheblichen Opferzahlen» auf russischer Seite. Die Häftlinge hätten bisher nicht den Wunsch gehegt, nach Südkorea «überzulaufen».
«Die Welt muss erfahren, was da passiert»
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (46) bestätigte die Gefangennahme der beiden Nordkoreaner im russischen Gebiet Kursk am Sonntag. Trotz Verletzungen hätten die Männer überlebt und seien nach Kiew gebracht worden, wo sie nun vom ukrainischen Geheimdienst verhört würden.
Selenski kündigte an, auch der Presse Zugang zu den Gefangenen zu gewähren: «Die Welt muss die Wahrheit erfahren, was geschieht.» Es ist nicht das erste Mal, dass Selenski in Gewahrsam genommene Nordkoreaner erwähnt. Frühere Häftlinge seien jedoch ihren Verletzungen erlegen.
Der ukrainische Präsident führte aus, dass die Ukraine bereit sei, die Soldaten nach Nordkorea auszuliefern. Unter einer Bedingung: Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un müsse dafür sorgen, dass auch ukrainische Häftlinge aus russischer Gefangenschaft freikommen.
Wollen die Häftlinge in der Ukraine bleiben?
Es bestünden jedoch auch andere Optionen für die Soldaten, sagte Selenski. Mindestens einer der Soldaten soll offenbar den Wunsch geäussert haben, in der Ukraine bleiben zu wollen, berichtet die Nachrichtenagentur AP unter Berufung auf ukrainische Angaben.
Schätzungen zufolge hat das Regime in Pjöngjang etwa 12'000 Soldaten nach Russland entsandt. Diese werden von Moskau unter anderem bei der Gegenoffensive im Gebiet Kursk eingesetzt, um ukrainische Truppen aus Russland zu vertreiben. Selenskyj veröffentlichte Fotos, die angeblich die Gefangenen zeigen. Diese Angaben konnten jedoch nicht unabhängig überprüft werden. Der ukrainische Präsident behauptete zudem, es sei äusserst schwierig, nordkoreanische Soldaten lebend gefangen zu nehmen, da das russische und nordkoreanische Militär verletzte Nordkoreaner eher töten würden, als sie in Kriegsgefangenschaft geraten zu lassen.