Dass Russlands Invasion in der Ukraine nicht so verläuft, wie sich das Kreml-Chef Wladimir Putin (69) vorgestellt hatte, dürfte im Westen inzwischen klar sein. In russischen Medien wird sein Feldzug aber noch immer als erfolgreich dargestellt. Der Grund: Laut einem neuen russischen Mediengesetz drohen bei der Verbreitung von «Falschnachrichten» über das Militär bis zu 15 Jahre Haft.
Umso mehr überraschte der Auftritt des ehemaligen Obersts Michail Chodarenok in den russischen Staatsmedien. In einer der meistgesehenen Talkshows des Landes gab er eine vernichtende Einschätzung zu Putins Krieg ab. Dabei machte er klar: «Praktisch die ganze Welt ist gegen uns.» Die Sendung wurde von Millionen von Russen verfolgt.
Eine Million Soldaten
Wie «The Guardian» berichtet, ist Chodarenok ein ehemaliger Kommandant der Luftverteidigung. In der ehemaligen Sowjetunion soll er einige der besten Militärschulen besucht haben.
Bei seinem TV-Auftritt machte er auf die schlechte Lage im Krieg aufmerksam. «Die Situation wird sich für uns eindeutig verschlechtern», sagte er. Denn der Ex-Militär warnte, dass die Ukraine bald mehr als eine Million Soldaten mobilisiert haben werde. Diese würden vom Westen ausgebildet und mit modernsten Waffen ausgestattet werden – bereit, für die Ukraine zu kämpfen und zu sterben, sagte er.
Nukleares Säbelrasseln
Der Ex-Oberst kritisierte bei seinem Auftritt auch Russlands nukleares Säbelrasseln. Denn der Kreml drohte beispielsweise bei einem Nato-Beitritt von Finnland und Schweden mit dem Einsatz seiner Atomwaffen.
Chodarenok forderte die anderen Gäste der Talkshow dazu auf, «einen Sinn für Realismus zu bewahren». Ansonsten würde sie früher oder später die harte Realität einholen.
Bei seinem Auftritt fiel ihm Moderatorin Olga Skabeyeva (37) immer wieder ins Wort. Aufgrund ihrer strikten Kreml-Treue wurde sie auch schon als die «eiserne Puppe von Putin TV» bezeichnet.
Hatte vor Invasion gewarnt
Bereits vor dem Beginn der Invasion prophezeite Chodarenok, dass die Ukrainer «wie Löwen kämpfen» werden, um ihr Land zu verteidigen. Und er sagte voraus, dass Russland im Falle eines Angriffs in einen längeren und kostspieligeren Konflikt geraten werde, als es sich das vorstellen könnte.
Ob sein Auftritt Konsequenzen für ihn haben wird, ist derzeit nicht bekannt. (bra)