Auf einen Blick
- Im australischen Victoria lässt die Staatsanwaltschaft hatte eine Frau wegen Mordes an ihrem Ehemann angeklagt
- Doch die Frau leidet unter einer Schlafstörung, deshalb könnte sie schuldunfähig sein
- In einem englischen Schlaflabor würde die Schlafstörung bestätigt
Das Gericht in Victoria, Australien, führte noch bis vor kurzem eine Anklage gegen 47-jährige Ilknur C.*. Sie wurde beschuldigt, ihren Ehemann Serdar C.* (50) ermordet zu haben. Die Anklage wird jedoch von der Staatsanwaltschaft nicht weiter verfolgt, wie die britische Zeitung «The Guardian» berichtet.
Offizielle Gründe wurden nicht genannt. Es ist jedoch bekannt, dass die Verteidigung der Frau ihre angebliche Schlafstörung als Strategie im Gerichtsprozess zu ihren Gunsten nutzen wollte.
Ihre Schlafstörung beziehungsweise Parasomnie wurde ab April 2024 in einem Schlaflabor erforscht und bestätigt, schreibt «The Guardian» weiter.
Letztendlich rettet das Ergebnis dieser Untersuchungen sie nicht nur vor dem Prozess, sondern auch vor einer möglichen Strafe. Die Parasomnie der Frau hat eine Schuldunfähigkeit zur Folge. Sie befand sich nicht in einem Zustand der Bewusstheit zum Tatzeitpunkt und könne somit nicht für schuldig befunden werden, heisst es.
Was passiert ist
Das Ehepaar befand sich im September 2023 auf einem gemeinsamen Campingtrip in Clonbinane nördlich von Melbourne.
Dort kam es zum schrecklichen Geschehnis: Der Ehemann, Serdar C.*, wurde am 30. September 2023 tot im Auto aufgefunden. Seine Ehefrau soll ihn erstochen haben. Der Prozess sollte ursprünglich im März 2024 beginnen. Die Anklage wurde jedoch aufgrund ihrer Parasomnie fallengelassen.
Parasomnie: Der Oberbegriff aller Schlafstörungen
Unter dem Begriff Parasomnie versteht man alle Arten von Schlafstörungen. Aus dem Alltag sind uns zum Beispiel das Schnarchen oder Einschlafprobleme bekannt. Allerdings gibt es auch extremere Formen. Darunter fällt zum Beispiel das Schlafwandeln.
Es sei sehr selten, jedoch durchaus möglich, dass Schlafende unter einer Störung leiden, bei welcher sie gewaltvoll werden, schreiben mehrere Medizinerinnen und Schlafforscher.
Dabei ist diese Art der Schlafstörung spezifisch an den sogenannten REM-Schlaf gebunden. Es kann dazu kommen, dass schlafende Personen Gewalt, die sie nur träumen, in die Wirklichkeit umsetzen. Oftmals fühlten sich diese Patienten in einer Situation der Gefahr und würden sich lediglich verteidigen wollen. Dadurch können sie jedoch zur Gefahr für ihre Mitmenschen werden.
Der berühmte Fall von Kenneth Parks
Ein solcher Fall der Verteidigung vor Gericht, wie bei Ilknur C., ist äusserst selten, aber in der Justiz nicht unbekannt.
Ein Prozess, bei welchem das Schlafwandeln bestätigt wurde, ist der des Kanadiers Kenneth Parks.
Der damals 23-jährige Student hatte sich in der Nacht in sein Auto gesetzt und fuhr zu seinen Schwiegereltern. Dort verletzte der seinen Schwiegervater und brachte seine fliehende Schwiegermutter um.
Nach der Tat stieg er zurück ins Auto und wachte auf. Darauf wurde er von der Polizei verhaftet und als Täter identifiziert. Seine Schuldfähigkeit musste jedoch untersucht werden, weswegen auch er in ein Schlaflabor geschickt wurde. Dieses Schlaflabor stellte fest, dass er zum Zeitpunkt des Geschehens am Schlafwandeln war. Das Gericht befand ihn daraufhin für schuldunfähig. Er wurde 1992 freigesprochen.
* Namen bekannt