Passanten flüchten vor Tränengas-Wolke
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Ausschreitungen in Marseille:Passanten flüchten vor Tränengas-Wolke

Frankreich in Flammen
Banlieue-Kids schneiden sich ins eigene Fleisch

Die Franzosen stürmen mal wieder: gegen rassistische Polizisten – und gegen Apple-Schaufenster. Die brutale Protestwelle, die auf den tragischen Tod von Nahel M. folgt, bringt nur eine Siegerin hervor.
Publiziert: 01.07.2023 um 10:36 Uhr
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Aktualisiert: 02.07.2023 um 08:37 Uhr
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Bei Protesten gegen Polizeigewalt in der Pariser Vorstadt Nanterre kam es zu gewaltsamen Ausschreitungen.
Foto: AFP
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Samuel SchumacherAusland-Reporter

Frankreich steht in Flammen. Brennende Busse erhellen die Nacht, das Geballer der Vandalen raubt den Menschen in den Banlieues den Schlaf. Präsident Emmanuel Macron (45) mahnt Eltern, ihre Kinder in den Griff zu kriegen. Russische Blogger nutzen die Bilder der Verwüstung, um den Untergang des Westens zu prophezeien. Und wir fragen uns: Was ist da los in unserem Nachbarland?

Fakt ist: Am Dienstag erschoss ein Polizist im Pariser Vorort Nanterre einen 17-jährigen Mann mit nordafrikanischen Wurzeln bei einer Verkehrskontrolle. Die einen sehen darin einen Beweis für den Rassismus bei den «flics». Schliesslich sterben in der Grande Nation jedes Jahr immer mehr Menschen bei Auseinandersetzungen mit der Polizei – und überdurchschnittlich viele davon haben Migrationshintergrund.

«Jeder zweite Polizist hat rechtsradikale Ideen»
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Experte zu Krawallen:«Jeder zweite Polizist in Frankreich hat rechtsradikale Ideen»

Die anderen sehen einen Gesetzeshüter, der in einer extremen Stresssituation überreagiert hat. Schliesslich war ihm der illegal hinter dem Steuer sitzende Junglenker zuvor schon einmal mit hohem Tempo davongerast. Und auch bei der zweiten Kontrolle beging Nahel M. wieder Fahrerflucht. Ein Gericht wird Klarheit schaffen. Der Polizist muss sich wegen Totschlags verantworten.

Wie im Horrorfilm: Mit Motorsägen gegen Strassenlampen

Währenddessen breiten sich die Krawalle landesweit aus. Frankreich, die Protestnation, 1789 aus dem Aufstand gegen die Obrigkeit geboren, vereint im ewigen Stolz auf den Sturm auf die Bastille, gekränkt durch den seitherigen Bedeutungsverlust auf dem internationalen Parkett – dieses Frankreich wird Zeuge davon, wie sich ein gewaltbereiter Teil seiner knapp 70 Millionen Einwohner einmal mehr zu einem Sturm zusammenrauft.

Gestürmt wird weder auf die Bastille noch gegen die Rentenreform. Gestürmt wird gegen Kleiderläden und Apple-Stores, gegen Schulhäuser, Ambulanzen und öffentliche Verkehrsmittel – im Pariser Vorort Aubervilliers gar explizit gegen Busse, die die Banlieue-Bewohner möglichst rasch und einfach in die Pariser Innenstadt bringen sollten.

Ein Video zeigt, wie Vandalen mit einer Motorsäge eine Strassenlampe zu Fall bringen. In einem anderen ist zu sehen, wie vermummte Jugendliche Polizisten angreifen und mutmasslich mit deren Waffen davonrennen. In einem dritten hält ein halbstarker Plünderer stolz eine geklaute Luxushandtasche in die Kamera: «Die hier kostet 2400 Euro!»

Marine Le Pen wird sich freuen

In einem Land, in dem die Banlieue-Kids den millionenschweren Starfussballern der Les Bleus nacheifern und in dem fast jeder Fünfte unter 25 keinen Job findet, bietet das Chaos dieser Proteste eine willkommene Ausrede, um durch Raubzüge an alles zu kommen, was man sich sonst nur im Traum leisten kann.

Die Vandalenakte haben nichts zu tun mit den friedlichen «Weissen Märschen», die Nahels Mutter Mounia zum Gedenken an ihren erschossenen Sohn lanciert hat. Sie helfen weder jenen, die seit Jahren versuchen, das angekratzte Image der Vorstädte aufzubessern, noch denen, die über das mutmassliche Rassismus-Problem in der einstigen Kolonialmacht debattieren wollen.

Was sie hingegen ganz sicher tun: Sie befeuern jene Kräfte, die dem Volk einfache Lösungen für komplexe Probleme verkaufen wollen. Marine Le Pen (54) und ihre Rechtspartei Rassemblement National werden sich freuen.

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