Forscher haben DNA-Beweis
Bub (4) aus Mailand hatte schon im November 2019 Corona

Bereits Monate vor der Entdeckung des vermeintlich ersten Corona-Patienten in Italien wurde ein Kind in Mailand mit Erbrechen und Atemwegserkrankungen in die Notaufnahme gebracht. Wissenschaftler fanden nun heraus: Es litt an Covid-19.
Publiziert: 10.12.2020 um 16:22 Uhr
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Aktualisiert: 11.12.2020 um 01:19 Uhr
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Spital-Mitarbeiter testen einen Buben in Mailand auf das Coronavirus.
Foto: Getty Images
Georg Nopper

Jetzt ist sicher: Das Coronavirus war schon im November 2019 in Italien. Wissenschaftler der Staatlichen Universität Mailand haben den DNA-Beweis! Hinweise, dass sich die Seuche schleichend und viel früher ausbreitete als vorerst vermutet, sind nun durch die nachträgliche Untersuchung eines Abstrichs bei einem 4-jährigen Buben in Mailand vom 5. Dezember 2019 bestätigt.

Der Kleine wurde am 30. November 2019 mit Atemwegssymptomen und Erbrechen in die Notaufnahme nach Mailand gebracht. Der Bub war bereits seit mehr als einer Woche krank gewesen. Am nächsten Tag traten auf seiner Haut Flecken auf, die denen der Masern ähnelten. In Wirklichkeit litt der 4-Jährige aber an einer anderen Krankheit – der Masern-Test war negativ.

Erste offizielle Bestätigung erfolgte erst im Februar

Der Abstrich, der Monate später nochmals untersucht wurde, zeigte, dass die Ursache der Beschwerden das Coronavirus war. Und dies mehr als drei Monate vor dem Bekanntwerden des vermeintlich ersten Corona-Patienten in Italien, Mattia Maestri, am 20. Februar 2020.

Die Studie wurde unlängst im Fachjournal «Emerging Infectious Diseases» veröffentlicht. Die Wissenschaftler der Mailänder Uni untersuchten demnach Proben von 39 Patienten im Alter zwischen 8 Monaten und 73 Jahren, die zwischen September 2019 und Februar 2020 auf Masern getestet wurden, ein zweites Mal. Der 4-jährige Bub war der einzige, der dabei retrospektiv postitiv auf das Coronavirus getestet wurde.

Hundertprozentige Übereinstimmung

Nichtsdestotrotz ist die Entdeckung eine Sensation. Denn die Analyse der Probe ergab eine DNA-Sequenz, die zu 100 Prozent mit der Referenzsequenz von Sars-CoV-2 identisch ist. Vor dieser Studie zeigten Untersuchungen des Nationalen Krebsinstituts von Mailand bereits, dass Anfang September 2019 Corona-Antikörper in Blutproben von fast tausend Personen vorhanden waren. Es bestehen offenbar jedoch Zweifel, dass es sich dabei spezifisch um Sars-CoV-2-Abwehrkörper handelt – es könnte auch ein Zusammenhang mit anderen Coronaviren bestehen.

Die Hypothese, dass Sars-CoV-2 bereits seit letztem Jahr in Italien zirkuliert, wird auch durch andere Analysen bestätigt. So wurden Corona-Spuren etwa in Abwasserproben vom letzten Jahr aus Mailand gefunden. Zudem sorgte eine Häufung ungeklärter Lungenentzündungen und Atemwegserkrankungen zwischen Dezember und Januar für Aufsehen.

In Italien infiziert

Gian Vincenzo Zuccotti, Dekan der Medizinischen Fakultät der Staatlichen Universität Mailand und Direktor der Abteilung für Pädiatrie im Spital Vittore Buzzi, erklärt die Bedeutung der neuen Studie gegenüber dem «Corriere della Sera»: «Wir machten uns auf die Suche nach der Virus-DNA und fanden das Virus in der Probe, die mit einem Abstrich des Kindes entnommen worden war.»

Aufhorchen lässt im Zusammenhang mit der Studie auch der Umstand, dass es sich bei dem Fall um den 4-Jährigen nicht um eine eingeschleppte, sondern um eine lokale Corona-Übertragung handelt. Der Bub lebt in der Umgebung von Mailand. Weder der Kleine noch seine Eltern sind laut Zoccotti im Vorfeld der Erkrankung von Reisen zurückgekehrt.

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