Fischer protestieren
Jetzt leitet Japan Fukushima-Kühlwasser ins Meer

Mehr als zwölf Jahre nach der Atomkatastrophe von Fukushima haben sich 1,3 Millionen Tonnen verseuchtes Kühlwasser angesammelt. Jetzt wird es vom Betreiber langsam ins Meer abgelassen.
Publiziert: 24.08.2023 um 08:02 Uhr
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Aktualisiert: 24.08.2023 um 09:09 Uhr
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Die Verklappung der riesigen Wassermengen wird voraussichtlich etwa 30 Jahre in Anspruch nehmen.
Foto: keystone-sda.ch

Japan hat mit der umstrittenen Einleitung gefilterten und verdünnten Kühlwassers aus der Atomruine Fukushima ins Meer begonnen. Das gab der Betreiberkonzern Tepco am Donnerstag bekannt. Ungeachtet grosser Sorgen unter Fischern und Nachbarstaaten wie China leitete Tepco den ersten Schub an aufbereitetem Wasser in einen hierfür in den Pazifik gebauten, einen Kilometer langen Tunnel ein.

Im AKW Fukushima Daiichi war es im März 2011 in Folge eines schweren Erdbebens und gewaltigen Tsunamis zu Kernschmelzen gekommen. Die Reaktoren müssen seither mit Wasser gekühlt werden, das in mehr als 1000 Tanks gelagert wird – inzwischen sind es über 1,3 Millionen Tonnen.

System kann Radioaktivität nicht herausfiltern

Doch nun geht der Platz für die Tanks laut Tepco aus. Zudem drohe eine langfristige Lagerung auf dem Gelände die Stilllegungsarbeiten an der Atomruine zu behindern. Auch könnten Lecks entstehen. Die Verklappung der riesigen Wassermengen wird voraussichtlich etwa 30 Jahre in Anspruch nehmen. Vor der Einleitung in den Pazifik wird das belastete Kühlwasser zwar aufbereitet, das Filtersystem kann das radioaktive Isotop Tritium aber nicht herausfiltern.

Tepco verdünnt das Wasser daher so weit mit Meerwasser, dass die Tritiumkonzentration auf 1500 Becquerel pro Liter sinkt, was dem Betreiber zufolge weniger als einem Vierzigstel der nationalen Sicherheitsnorm entspricht. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hatte der Verklappung zugestimmt und erklärt, Japan erfülle die internationalen Sicherheitsstandards. Die Auswirkungen auf Mensch und Umwelt seien «vernachlässigbar».

Eine Gruppe von Bürgern demonstrierte am Donnerstag nahe der Atomanlage mit Transparenten und Sprechchören. Japans Fischereibehörde will über die nächsten vier Wochen hinweg jeden Tag Meeresfrüchte auf radioaktives Tritium hin untersuchen. Die Testergebnisse sollen innerhalb von zwei Tagen veröffentlicht werden. Die Proben werden an zwei Stellen in einem Gebiet mit einem Radius von zehn Kilometern um die Atomruine herum genommen. Japans Fischer meiden bereits freiwillig Fanggründe in dieser Entfernung zur Atomanlage. Sie lehnten die Verklappung des Kühlwassers im Ozean bis zuletzt ab.

Kritik aus China

Seit dem Super-Gau 2011 versuchen die Fischer, sich von den Geschäftseinbussen durch das Desaster zu erholen. Nun befürchten sie, dass der Ruf ihrer Meeresprodukte erneut beschädigt wird. Auch Umweltschützer und Nachbarstaaten wie China übten Kritik und forderten Japan vergeblich auf, das Wasser nicht ins Meer zu leiten. «Das gewaltsame Einleiten in den Ozean ist ein extrem egoistischer und unverantwortlicher Akt, der das globale öffentliche Interesse missachtet», hiess es in einer Erklärung des Aussenministeriums in Peking. Japan habe sich zu einem «Saboteur des ökologischen Systems und einem Verschmutzer der globalen Meeresumwelt gemacht».

China stoppte als Reaktion auf die Einleitung des Kühlwassers die Einfuhr von Fischereiprodukten aus Japan. Fachleute verweisen indes darauf, dass die Ableitung belasteten Kühlwassers aus Atomkraftwerken weltweit Routine ist. Kritiker halten dagegen, dass es sich im Falle Fukushimas um kein normal funktionierendes AKW handele, sondern um zerstörte Reaktoren als Zeugnis der schlimmsten Atomkatastrophe seit Tschernobyl 1986. (SDA/noo)

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