Der britische Generalmajor Charlie Herbert, der zwischen 2007 und 2018 mehrfach in Afghanistan im Einsatz gewesen ist, sagte dem «Guardian»: «Es ist fast unmöglich zu glauben, dass der Premierminister am Samstag in den Urlaub gefahren ist, er sollte sich schämen. Das ist eine Pflichtverletzung aussergewöhnlichen Ausmasses.»
Johnson war am Samstag nach Somerset im Südwesten Englands aufgebrochen, allerdings bereits am Sonntag wieder zurückgekehrt. Aussenminister Dominic Raab, der die Woche auf Zypern verbracht und Medienberichten zufolge am Wochenende noch am Strand gesichtet worden war, kehrte ebenfalls am Sonntagabend nach London zurück. Am Mittwoch sollen beide Kammern des britischen Parlaments trotz Sommerpause zu Sondersitzungen zusammenkommen.
Warnungen des Militärs wurden nicht beachtet
Herbert erklärte, ranghohe Militärvertreter hätten bereits vor Wochen ihre Sorgen über die Entwicklung in Afghanistan in einem Brief dargelegt und die Regierung aufgefordert, sich um die Aufnahme afghanischer Übersetzer zu kümmern. «Dass sie diese Warnung nicht beachtet haben, ist symptomatisch für die katastrophale Selbstzufriedenheit, die zu dieser nationalen Blamage geführt hat.»
Vom Tempo der Machtübernahme überrascht
Der Admiral Alan West, früherer Erster Seelord, zeigte sich ebenfalls überrascht von der Urlaubsplanung der Spitzenpolitiker. «Urlaube sind wichtig, aber nicht entscheidend. Weltereignisse haben eine bemerkenswerte Gewohnheit, im August zu passieren und die Regierung muss in der Lage sein, schnell zu reagieren», sagte er dem «Guardian». Raab hatte zuvor zugegeben, vom Tempo der Machtübernahme der Taliban überrascht gewesen zu sein.
(SDA)