Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping (69) hat Taiwan mit einem Militäreinsatz gedroht. China strebe eine friedliche «Vereinigung» an, «aber wir werden uns niemals verpflichten, den Einsatz von Gewalt aufzugeben», sagte der Präsident am Sonntag zum Auftakt des nur alle fünf Jahre stattfindenden Kongresses der Kommunistischen Partei in Peking (hier werden die wichtigsten Fragen zum Kongress beantwortet).
Die chinesische Führung werde sich die «Option bewahren, alle notwendigen Massnahmen zu ergreifen». Diese zielten auf ausländische Einmischung und eine «kleine Zahl» von Unabhängigkeitskräften, «nicht auf die Landsleute in Taiwan», hob Xi Jinping hervor. «Die vollständige Wiedervereinigung des Vaterlandes muss erreicht und kann verwirklicht werden.»
Die kommunistische Führung betrachtet die demokratische Inselrepublik nur als Teil der Volksrepublik und droht mit einer Eroberung. Hingegen versteht sich das 23 Millionen Einwohner zählende Taiwan längst als unabhängig. Die Spannungen hatten sich jüngst verschärft, nachdem China seine militärischen Aktivitäten in der Nähe der Insel verstärkt hat, um den Druck auf Taiwan zu erhöhen.
Xi warnt vor globalen Veränderungen
Xi Jinping sieht schwierige Zeiten auf sein Land zukommen und warnte vor «potenziellen Gefahren». In seiner Grundsatzrede rief der Präsident das Milliardenvolk dazu auf, sich «auf die schlimmsten Fälle vorzubereiten»: «Deswegen richtet euch darauf ein und seid vorbereitet, starken Winden, schwerer See und selbst gefährlichen Stürmen standzuhalten.»
Er enttäuschte Hoffnungen, dass die strikte Null-Covid-Strategie gelockert werden könnte. Er nannte sie «notwendig» und sprach von «enormen, ermutigenden Errungenschaften». Während der Rest der Welt versucht, mit dem Virus zu leben, verfolgt China weiter eine Null-Toleranz-Strategie – mit Lockdowns, Massentests, Quarantäne und digitaler Kontaktverfolgung, was die zweitgrösste Volkswirtschaft in eine Wachstumskrise gestürzt hat.
International sah der Parteichef «immense Risiken und Herausforderungen» sowie «globale Veränderungen, wie sie in einem Jahrhundert nicht gesehen worden sind». Seine knapp zweistündige Rede vor roten Fahnen sowie goldenem Hammer und Sichel war stark ideologisch geprägt. Er rief die rund 2300 Delegierten dazu auf, loyal seiner Führung zu folgen, um ein «modernes sozialistisches Land» zu bilden. Die nächsten fünf Jahre seien dafür entscheidend.
Von kollektiver Führung zu Alleinherrschaft
Der Kongress findet unter massiven Sicherheitsvorkehrungen statt, die noch mal verschärft worden sind, nachdem es einen seltenen Protest eines Mannes an einer Brücke mit einem Banner gegen «Diktator Xi Jinping» gegeben hatte. Nach Abschluss der einwöchigen Beratungen soll der 69-Jährige im Amt des Generalsekretärs und als Chef der Militärkommission bestätigt werden. Während er sich über bisher respektierte Amtszeitbegrenzungen hinwegsetzt, wird hingegen das Politbüro um ihn herum aus Altersgründen neu besetzt. Der Personalwechsel wird erste Hinweise auf die Regierungsumbildung im März geben, wenn Premier Li Keqiang als Premier abtreten wird.
Nach zehn Jahren Amtszeit von Xi Jinping zogen Beobachter kritisch Bilanz: «Wir haben uns von kollektiver Führung zu Alleinherrschaft entwickelt, von Amtszeitbegrenzungen zu lebenslanger Führung, von Leistung zu Loyalität, von privatem zu staatlichem Sektor, von Reichtum zu gemeinsamem Wohlstand, von Globalisierung zu technischer Eigenständigkeit», sagte der China-Experte McGregor. Aus Koexistenz zwischen China und den USA sei auch noch "Konfrontation" geworden.
Der chinesische Politikwissenschaftler Wu Qiang sah wachsende Isolation, indem China seine Grenzen wegen der Null-Covid-Politik abschottet und auf Eigenständigkeit setzt. «Ich glaube, dass 40 Jahre Reform und Öffnung zu einem Ende gekommen sind», sagte der Dozent, der wegen kritischer Analysen die renommierte Tsinghua-Universität in Peking verlassen musste. «China ist durch Globalisierung sowie Reform und Öffnung stark geworden und hat diese Macht bewahrt, deswegen wird es nicht leicht sein, sich abzukoppeln.» Aber ideologisch sei die Reform- und Öffnungspolitik längst aufgegeben worden. (SDA)