Am Sonntag beginnt in Peking der Parteitag der Kommunisten, die auch die Regierung bestimmen. Die Spannung ist diesmal grösser als sonst. Die grosse Frage ist, wie viel Macht dem amtierenden Generalsekretär Xi Jinping (69) zugeschanzt wird. Es deutet alles darauf hin, dass er zum langjährigen Alleinherrscher wird. Eine Entwicklung, die im Westen mit Sorge verfolgt wird. Blick beantwortet die wichtigsten Fragen.
Was passiert am Parteitag?
Der Parteitag findet alle fünf Jahre statt und dauert rund eine Woche. Am Parteitag geht es um die Konstitution des rund 200-köpfigen Zentralkomitees, den Bericht des Parteivorsitzenden und Änderungen der Parteiverfassung. Am direkt anschliessenden ersten Plenum des neuen Zentralkomitees werden die Mitglieder des Politbüros, das Parteisekretariat, die Mitglieder der Militärkommission usw. gewählt.
Am zweiten Plenum im Februar 2023 werden dann auch Nominierungen für Staatsposten besprochen, etwa für den Nationalen Volkskongress. Formell werden die Leader des Staates dann im Frühling 2023 beim Nationalen Volkskongress ernannt.
Wie demokratisch ist das Verfahren?
Nach chinesischem Verständnis ist das Vorgehen demokratisch. Rund 2300 Delegierte vertreten 97 Millionen Parteimitglieder aus allen Regionen und Ethnien. Allerdings werden die Delegierten sowie die Posten von Xi Jinping und seinem Stab vorgängig bestimmt. Den Versammelten bleibt daher kaum etwas anderes übrig, als alles abzunicken.
Wird Xi Jinping zum lebenslangen Herrscher?
Generalsekretär Xi Jinping will sich nach zehn Amtsjahren als Parteichef bestätigen lassen. Es ist wahrscheinlich, dass er dann im Frühling auch als Staatspräsident für eine dritte Amtszeit gewählt wird. Dazu hat er bereits die Verfassung abändern lassen, die bisher nur zwei Amtszeiten vorsah. Ziel der Beschränkung war, eine Machtkonzentration wie unter Langzeitdiktator und Gründer der Volksrepublik Mao Zedong (1893-1976) zu verhindern. Man geht davon aus, dass Xi, wie Mao, eine Herrschaft auf Lebenszeit anstrebt.
Was hat Xi Jinping geleistet?
Er hat die Stellung der Partei gestärkt und das Land nach ihr angepasst. Er kämpfte gegen Korruption, aber auch gegen seine politischen Gegner. Überwachung und Kontrollen wurden verstärkt, Medien zensiert, Hunderttausende Uiguren und andere muslimische Minderheiten in Umerziehungslager gesteckt. Zudem liess er die Armee modernisieren und vergrössern.
Gibt es auch Frauen in der Parteiführung?
Zwar spielt Gleichberechtigung in der Parteiverfassung eine wichtige Rolle. Allerdings sind bei Parteitagen meistens nur rund ein Viertel der Delegierten weiblich. Nur wenige haben es ins Politbüro geschafft – in dessen ständigen Ausschuss, den höchsten Machtzirkel, noch gar keine.
Welches sind Chinas grosse Probleme?
Das rasante Wirtschaftswachstum der vergangenen Jahre ist vorbei. Der Immobilienmarkt steckt in einer tiefen Krise, der Yuan erreichte kürzlich einen historischen Tiefstand, die Nullzins-Politik hat die Wirtschaftstätigkeit abgewürgt und die Zero-Covid-Politik des Landes hat tiefe Spuren hinterlassen. Die einstige Einkindpolitik führte zu einer Überalterung. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt mit fast 20 Prozent auf einem Rekordhoch. Diese Punkte werden allerdings am Parteitag nicht thematisiert.
Warum schaut der Westen so gespannt nach Peking?
Der Parteitag wird zeigen, wie gross der Rückhalt von Xi Jinping ist. Sollte Xi seine treuen Gefährten in Spitzenämter hieven können, würde dies bedeuten, dass Xi schalten und walten kann, wie er will. Seine Macht würde noch grösser, was den Graben zwischen der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt und dem Westen noch weiter aufreissen würde. Die Macht wäre etwas breiter abgestützt, wenn auch einzelne, nicht direkt dem Xi-Lager angehörende Personen aufsteigen würden.
Zudem wird der am Parteitag vorgetragene Bericht des Parteivorsitzenden Xi Jinping die Richtung der nächsten fünf Jahre andeutungsweise vorzeichnen.