Mit seiner Aussage am WEF in Davos, dass die Ukraine Russland Zugeständnisse machen solle, sorgte der ehemaligen US-Aussenminister Henry Kissinger (99) bereits für Aufsehen.
Ihm zufolge sollten Russland und die Ukraine zum ursprünglichen Zustand, der zu Beginn der russischen Invasion herrschte, zurückkehren. Dies, da eine Fortsetzung des Kriegs sich zu einem Konflikt entwickeln könnte, in dem es nicht mehr um die Freiheit der Ukrainer, sondern um einen Krieg gegen Russland selbst geht. Für diese Aussage erntete Kissinger Kritik – auch vom ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski (44). Jetzt hat Kissinger in einem Interview mit der britischen Zeitschrift «The Spectator» drei mögliche Ausgangslagen für die Ukraine entworfen.
Szenario 1: Russischer Sieg
Im ersten Szenario, in dem das russische Militär auf seinen jetzigen Positionen bleiben würde, würden die russischen Streitkräfte 20 Prozent der Ukraine erhalten. Der Kreml würde den Grossteil des Donbass, die wichtigsten Industrie- und Landwirtschaftsgebiete sowie einen Landstreifen am Schwarzen Meer bekommen.
«Trotz aller Rückschläge, die es zu Beginn erlitten hat», würde das den Sieg für Russland bedeuten. In diesem Fall wäre auch die Rolle der Nato «nicht mehr so entscheidend», so Kissinger.
Szenario 2: Ukraine greift Russland an
Das zweite Szenario würde in einem Krieg gegen Russland selbst enden. In diesem Ausgang würde demnach die Ukraine versuchen, Russland aus den Gebieten zu vertreiben, die es bereits vor Ausbruch des Ukraine-Kriegs erobert hatte. So beispielsweise aus der Krim.
Szenario 3: Zurück zur Situation vor dem 24. Februar
Das dritte Szenario entspricht der Aussage, die der Ex-Aussenminister bereits in Davos damals gemacht hatte. In dieser Ausgangslage würde es der Ukraine gelingen, Russland von jeglichen militärischen Eroberungen abzuhalten. Damit würde nicht nur die Aggression Russlands eingedämmt, sondern auch die Situation wiederhergestellt werden, die zu Beginn der russischen Invasion herrschte: Die Kampflinie nach 2014.
Mehr zum Ukraine-Krieg
Kissinger zufolge würde die Ukraine in diesem Szenario wieder aufgerüstet werden. Zudem würde das Land von einer engen Anbindung an die Nato profitieren oder gar Teil von ihr sein. Weitere Fragen würden durch Verhandlungen gelöst werden. (dzc)