Ex-Drogendealer verspricht den Gefangenen eine «tolle Zeit»
«Russischer Walter White» rekrutiert jetzt Häftlinge für Putins Krieg

Wohl kaum einer hat so drastische Image-Wechsel durchgemacht, wie der Russe Dmitrij Karawajtschik. Vom scheinbar harmlosen Tierarzt wurde er zum Drogendealer im grossen Stil. Nun wurde aus dem verurteilten Häftling ein Held auf freiem Fuss. Das steckt dahinter.
Publiziert: 12.04.2024 um 20:12 Uhr
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Aktualisiert: 30.04.2024 um 20:14 Uhr
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In erster Reihe der zweite von links: Hier posiert der russischer Drogendealer Dmitrij Karawajtschik mit Jewgeni Prigoschin (†62).
Foto: Screenshot VK

Vom Tierarzt zum Drogendealer: Dmitrij Karawajtschik sorgte 2019 in ganz Russland für Schlagzeilen, nachdem sein riesiges Drogenlabor in St. Petersburg entdeckt wurde. Karawajtschik stellte dort Amphetamine her und wurde als «russischer Walter White», benannt nach dem Hauptdarsteller der Erfolgsserie «Breaking Bad», bekannt. Für den Verkauf war seine Frau zuständig.

Sowohl Karawajtschik als auch seine Lebensgefährtin wurden zu langen Haftstrafen von 17 und 16 Jahren verurteilt. Doch nur vier Jahre später sind beide auf freiem Fuss. Karawajtschik wird inzwischen sogar als Held gefeiert, besucht Schulen und Häftlinge. Selbst für eine Helden-Auszeichnung wurde er nominiert. Wie geht das?

Freiheit dank Kriegseinsatz

Grund für den drastischen Image-Wechsel war ein Kriegseinsatz. Seit Russland in die Ukraine einmarschiert ist, werden massenweise Häftlinge für den Militärdienst angeworben. Nach ihrem Einsatz an der Front werden viele von ihnen begnadigt. So auch Karawajtschik. 

Im Januar letzten Jahres posierte der St. Petersburger mit dem inzwischen verstorbenen Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin (†62) und rund zwei Dutzend weiteren ehemaligen Häftlingen auf einem Bild. Sie alle wurden nach ihrem Kriegseinsatz auf freien Fuss gelassen. Karawajtschik erzählte dem Nachrichtenportal «Ria Fan» damals, er hoffe, dass er nun auch «irgendwie seine Frau rausholen» könne.

Der Plan ging auf. Gemäss dem russischen Sender Lentv24 sollte der ehemalige Drogendealer kurz nach seiner Begnadigung mit dem höchsten Ehrentitel Russlands ausgezeichnet werden, als «Held der Russischen Föderation». Der Liebe wegen verzichtete Karawajtschik aber auf den Titel. Stattdessen bat er Putin, seine Frau freizulassen. Zwei Monate später wurde auch sie begnadigt. 

Schule feiert Ex-Drogendealer als Held

Obwohl er den Ehrentitel ablehnte, wird der ehemalige Tierarzt heutzutage offenbar trotzdem als Held gefeiert, wie ein Post einer russischen Schule vom 7. März zeigt. Darin sind Bilder des Wagner-Söldners zu sehen, auf denen er einen Vortrag hält. Zudem sind mehrere Auszeichnungen an seiner Uniform zu erkennen. 

Die Schule schreibt in dem Beitrag, der ehemalige Häftling habe den Schülern erzählt, wie er zusammen mit Kameraden einen «feindlichen Aussenposten eroberte und dabei trotz Verletzung fünfzig Militante und Nationalbataillonisten tötete.» Zudem soll Karawajtschik damit angegeben haben, wie er den ukrainischen Streitkräften ein Maschinengewehr stahl und ein Mädchen «vor den ukrainischen Streitkräften rettete», das «von ihrer Familie zwei Jahre lang in Kellern versteckt wurde.» Die Schule betont: «Er zeigte durch sein eigenes heldenhaftes Beispiel Liebe zum Vaterland und seiner Familie!»

Ex-Häftling wirbt Häftlinge für Front an

Karawajtschik soll aber nicht nur in Schulen, sondern auch in Gefängnissen mit seinem Kriegseinsatz prahlen. Im Januar wurde er stellvertretender Leiter der Stiftung «Leninigradskij Rubesch». Diese unterstützt das russische Militär mit Waffen und Ausrüstung. Karawajtschik soll in seiner neuen Position unter anderem als Recruiter für Häftlinge fungieren. 

Einem Bericht des US-finanzierten Radio Liberty zufolge hielt er in einer Haftanstalt im Nordosten Russlands eine Rede. Darin versprach er den Gefangenen eine «tolle Zeit» an der Front. «Geht hin und habt Spass. Zieht Goldzähne aus Leichen, nehmt Kreuze ab, plündert und bringt alles nach Hause. Macht, was ihr wollt und werdet reich. Vielleicht kommt ihr nicht zurück, aber ihr werdet es ordentlich krachen lassen», soll er gesagt haben. Zudem heisst es in dem Bericht, Karawajtschik hätte den Häftlingen versprochen, dass das Verteidigungsministerium ihre Taten schützen würde. 

Dem Radio liegen allerdings keine Beweise dafür vor, dass diese Rede tatsächlich stattfand, der Bericht beruft sich auf eine anonyme Quelle. Karawajtschik sagte dem Sender, es handle sich um Gerüchte, er arbeite nicht mit dem Verteidigungsministerium zusammen. Erfolgreich soll die Rede so oder so nicht gewesen sein – nur ein Häftling meldete sich freiwillig für den Einsatz an der Front. (mrs)

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