EU straft Schweiz ab
Schlechte Aussichten für Erasmus

Nach dem Rauswurf aus dem Forschungsprogramm Horizon droht die nächste Klatsche. Die EU dürfe die Schweiz kaum zum Austauschprogramm Erasmus zulassen.
Publiziert: 18.07.2021 um 15:04 Uhr
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Aktualisiert: 18.07.2021 um 15:26 Uhr
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Die Schweiz gilt bei der Forschungskooperation für die EU künftig als Drittstaat.
Foto: keystone-sda.ch
Simon Marti

Die EU schliesst die Eidgenossenschaft aus «Horizon Europe» aus. Vorläufig gilt sie für das Forschungsprogramm, wie am Mittwoch bekannt wurde, als «nicht assoziierter Drittstaat».

Das hat teilweise dramatische Folgen für den Bildungs- und Forschungsstandort Schweiz. Swissuniversities, die Rektorenkonferenz der schweizerischen Hochschulen, erklärte Ende Juni, der Zugang zu europäischen Programmen ermögliche es, «die besten Talente für die Schweizer Hochschulen zu gewinnen», um dann zu warnen: «Ohne eine Assoziierung werden sie die Schweiz verlassen und sich in anderen europäischen Ländern niederlassen.»

Schweiz schlechter dran als Grossbritannien

Wer in der Schweiz forscht, darf künftig weder europäische Projekte koordinieren, noch Fördermittel aus Brüssel in Anspruch nehmen, die allein zwischen 2014 und 2020 mehr als eine Milliarde Franken ausmachten. Der Grund für den Entscheid liegt auf der Hand: Dass die Schweiz die Verhandlungen über das Rahmenabkommen im Mai abbrach, hat die EU nachhaltig verstimmt. So sehr, dass die Schweiz im Hinblick auf die europäische Forschungszusammenarbeit künftig schlechter gestellt ist als Grossbritannien nach den nervenaufreibenden Verhandlungen über den Brexit.

Mehr noch: Dieser Hiobsbotschaft könnte bald die nächste folgen. Das Parlament in Bern verlangt vom Bundesrat seit geraumer Zeit, mit der EU über eine Vollmitgliedschaft der Schweiz bei «Erasmus» zu verhandeln, dem weltweit grössten Förderprogramm für Studienaufenthalte im Ausland. Auch hier geniesst die Eidgenossenschaft derzeit nur Drittstaatstatus.

Der Bundesrat dürfte, wie aus dem Umfeld der Landesregierung verlautet, Anfang August ein Verhandlungsmandat verabschieden. Zwar hatten sich Bern und Brüssel grundsätzlich darauf verständigt, noch 2021 eine Vollassoziierung der Schweiz zu diskutieren. Nun aber rechnet fast niemand mehr mit einem raschen Abschluss: Es ist kaum anzunehmen, dass die EU bei Horizon ein Exempel statuiert, um gleich darauf Erasmus durchzuwinken.

Direkte Folge des Verhandlungsabbruchs

«Die Nichtassoziierung bei Horizon ist eine direkte Folge des Verhandlungsabbruchs beim Rahmenabkommen. Hätte der Bundesrat lediglich erklärt, den Vertrag derzeit nicht unterzeichnen zu können, wäre dies wohl nicht so kategorisch passiert», meint SP-Nationalrat Eric Nussbaumer (61). Auch bei Erasmus werde die Schweiz kaum zugelassen, «solange wir die Kohäsionsmilliarde nicht freigeben».

Der Bundesrat möchte den vereinbarten Betrag nun rasch überweisen, die Räte aber können die Zahlung erst im September beschliessen – zudem ist nicht einmal sicher, dass sich das Parlament innert einer Session dazu durchringen wird. «Wird der Betrag überwiesen, könnten Gespräche beginnen», so Nussbaumer. Klarheit könnte der Besuch von Aussenminister Ignazio Cassis (60, FDP) in Brüssel bringen, der für kommende Woche geplant ist.

«Ich kann mir gut vorstellen, dass die EU kommende Woche gegenüber Bundesrat Cassis klarmacht, dass der Preis für die Programm-Teilnahme für ein nicht-assoziiertes Drittland inzwischen weiter gestiegen ist. Die EU verwaltet ihre Mittel genauso sorgfältig wie die Schweiz», sagt der SP-Aussenpolitiker.

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