Zum ersten Mal wurde in den USA ein Mann mit Stickstoff hingerichtet. Kenneth Eugene Smith (†58) war im US-Bundesstaat Alabama für den Mord an Elizabeth Sennett (†45) zum Tode verurteilt worden. 2022 sollte ihm eine letale Injektion verabreicht werden – doch dieser Versuch scheiterte. Am Donnerstag wurde der Mörder von Sennett mit Stickstoff getötet. Der Fall sorgt für Aufsehen.
Warum gehen den USA die Giftspritzen aus?
Die gängigste Hinrichtungsmethode in den USA ist die Giftspritze. Sie gilt als «humane» Exekution im Vergleich zum elektrischen Stuhl, der vor allem in den 1980er-Jahren noch oft eingesetzt wurde. Bei einer letalen Injektion wird eine Mischung aus Medikamenten gespritzt, die zu Bewusstlosigkeit, Lähmung der Muskulatur und Herzstillstand führt. Doch es gibt mehrere Probleme bei dieser Methode: Einerseits scheitert sie immer wieder, weil etwa das Gefängnispersonal nicht geschult ist – und keine Vene findet, um die Injektion zuzuführen. Ein anderes Problem sind Pharmakonzerne, die sich weigern, US-Gefängnisse mit den benötigten Medikamenten zu versorgen. Viele haben ihren Sitz in Europa und sind gegen die Todesstrafe. Deshalb brauchen die USA neue Hinrichtungsmethoden.
Die letzte Hinrichtung mit Gas fand 1999 statt, damals wurde Hydrogencyanid, auch bekannt als Cyanwasserstoff oder Blausäure, eingesetzt. Am vergangenen Donnerstag griffen Wärter wieder zu Gas und nutzten Stickstoff, nachdem auch bei Smith die Hinrichtung mit der Giftspritze nicht funktioniert hatte. Viele Befürworter sind der Meinung, dass der Mensch bei einer Hinrichtung mit Stickstoff nichts spüre. Es gibt aber auch Gegenstimmen.
Was ist an Hinrichtungen mit Stickstoff umstritten?
Stickstoff ist kein giftiges Gas, in zu hohen Mengen verdrängt es aber Sauerstoff im Körper. Dadurch werden die lebenswichtigen Organe nicht länger damit versorgt. «Es ist die menschlichste Art zu sterben: Du sitzt einfach da, und kurz darauf bist du tot», sagt der republikanische Abgeordnete in Oklahoma, Mike Christian. Man soll im Gegensatz zu giftigen Gasen nicht das Gefühl haben, zu ersticken. Doch stimmt das? Smith wartete 22 Minuten auf den Tod, während er durch eine Gasmaske Stickstoff einatmete. Was er dabei fühlte, weiss niemand.
Hierfür gibt es auch keine Referenzwerte. Nicht einmal Veterinäre nutzen Stickstoff, um Tiere einzuschläfern. Bei Schweinen soll die Methode zu Panik geführt haben, was darauf hindeutet, dass ein Erstickungsgefühl entsteht. Gegner der Hinrichtungsmethode kritisieren, dass es keine Informationen dazu gibt, wie sich die Exekution anfühlt. Der Mensch werde so zum Versuchsobjekt.
Wie viele Menschen werden in den USA hingerichtet?
Seit die Todesstrafe in den USA 1976 wieder eingeführt wurde, sind 1582 Menschen hingerichtet worden. Seit den 90er-Jahren ist die Zahl stark rückläufig. 1998 wurden 259 Menschen zum Tode verurteilt, 2022 waren es noch 21. Laut einer Statistik des US-Justizministeriums sind 56 Prozent der Verurteilten weiss, 34 Prozent schwarz und zehn Prozent gehören anderen Ethnien an. Auffällig ist, dass im Verhältnis zur Bevölkerung in den USA schwarze Menschen besonders häufig zum Tode verurteilt werden. Nach Angaben der NGO Death Penalty Information Center (DPIC) sind die Hälfte der hingerichteten Personen Frauen.
In welchen Bundesstaaten gibt es die Todesstrafe?
27 von 50 Bundesstaaten in den USA, die Regierung und das Militär halten an der Todesstrafe fest. In sechs Staaten werden derzeit aber keine Menschen mehr hingerichtet. Zu ihnen gehört Kalifornien, wo 665 zu Tode verurteilt wurden und derzeit in Haft sind.
Wer wird zu Tode verurteilt?
Für schwere Verbrechen wie Mord, Hochverrat, Terrorismus, Spionage und Genozid kann die Todesstrafe verhängt werden. Je nach Bundesstaat gelten andere Strafmasse. Das Militär kann auch Fahnenflucht im Krieg mit dem Tode bestrafen.
Smith war von Sennetts Ehemann über einen Mittelsmann beauftragt worden, die Frau zu töten. Motiv für den Auftragsmord des Ehemanns waren finanzielle Probleme. Smith und ein weiterer Killer, John Forrest Parker, töteten Sennett und liessen es wie einen Einbruch aussehen, der schiefging. Parker wurde 2010 hingerichtet. Sennetts Ehemann beging Selbstmord.
Wie steht das Volk zur Todesstrafe?
Bei einer Umfrage aus dem Jahr 2022 waren 55 Prozent der Befragten für eine Todesstrafe. Zum Vergleich: 1994 waren es laut «Spiegel» 80 Prozent. Kritisiert werden die hohen Kosten von Hinrichtungen und mögliche Fehlurteile.