Kenneth Eugene Smith (58) weiss, wie es sich anfühlt, angeschnallt auf einer Liege seine letzten Minuten des Lebens zu verbringen. Er weiss, wie es sich anfühlt, seine Henkersmahlzeit zu sich zu nehmen, sich von seinen Liebsten zu verabschieden. Er ist einer von zwei Personen in den USA, die eine Exekution überlebt haben.
Smith, für einen Auftragsmord an einer Frau im Jahr 1988 zum Tode verurteilt, soll jetzt am 25. Januar erneut hingerichtet werden – per Stickstoff. Noch nie zuvor wurde in den USA diese Hinrichtungsmethode angewendet. Seine Anwälte versuchen immer noch, die Exekution zu verhindern. Smith selbst sagt zum «Guardian»: «Dazu bin ich nicht bereit. Nicht in irgendeiner Weise. Ich bin einfach nicht bereit, Bruder», sagt er in einem 15-minütigen Telefongespräch.
Körper war übersät mit Einstichwunden
Er sei noch immer traumatisiert, habe Albträume vom letzten Mal, als er auf den Tod wartete. Am 17. November 2022 lief schief, was nur schiefgehen konnte. Smith sollte sterben, lag angeschnallt auf einer Liege im US-Bundesstaat Alabama. Seine Henker versuchten, eine Nadel in seinen Arm einzuführen, stocherten in seinen Adern herum.
Kurzzeitig hing er sogar kopfüber, um es den Wärtern zu vereinfachen, eine Vene zu finden. Vier Stunden lang versuchten sie es, bis sie schliesslich aufgaben und den zitternden, schwitzenden und hyperventilierenden Mann zurück in die Zelle brachten. Sein Körper war übersät mit Einstichwunden.
Er nimmt unterdessen einen Medikamentencocktail ein, um das Erlebte zu verarbeiten. Smith leidet an Schlaflosigkeit, Angstzuständen und Depressionen. Er habe einen wiederkehrenden Albtraum, wie er zurück in die Todeszelle gebracht werde, sagt er dem «Guardian». «Es kommt immer wieder hoch.»
«Ich werde ihnen nicht helfen»
Je näher das zweite Hinrichtungsdatum rückt, desto schlimmer wird es für Smith. Sein körperlicher und geistiger Zustand verschlechtern sich. Ihm sei meistens schlecht und er müsse beinahe jeden Tag einen Würgereiz unterdrücken.
Nun soll er als erster Häftling mit Stickstoff hingerichtet werden. Menschenrechtsexperten der Vereinten Nationen und von Amnesty International warnen vor einem möglicherweise grausamen Tod, der sogar Folter ähneln könne. Smith selbst versucht, nicht darüber nachzudenken und vor allem, nicht zu viel darüber zu lesen.
Ihm wird am 25. Januar eine Maske luftdicht über das Gesicht – bis über die Augen, Nase, Mund und Kinn – gezogen, worauf ihm Stickstoff zugeführt wird. Smith kündigt an, keinen Finger zu rühren, um den Henkern nicht auch noch zu helfen. «Ich werde mir nicht die Maske schnappen und sie mir umschnallen, ich werde ihnen nicht helfen.»
Eine Angst bleibt: «In diese Maske zu kotzen. Denn wenn ich das tue, Bruder, wird mir niemand helfen. Ich werde an meinem eigenen Erbrochenen ertrinken, und meine Frau wird dasitzen und zusehen müssen.» (neo)