Die Auftritte der Corona-Taskforce der US-Regierung sind fast schon legendär. In den Monaten März und April hielt US-Präsident Donald Trump (74) zusammen mit seinem Chef-Virologen Anthony Fauci (79) und Ex-Militärärztin Deborah Birx (64) täglich eine Pressekonferenz ab. Dabei tappte Trump vom einen Fettnäpfchen ins andere. Der Höhepunkt war wohl erreicht, als der US-Präsident den Amerikanern Ende April vorschlug, als Vorsichtsmassnahme vor dem Coronavirus Desinfektionsmittel zu spritzen.
Kurz nach diesem Vorfall hatte das Weisse Haus die täglichen Auftritte Trumps gestoppt. Monatelang gab es keine Corona-Briefings mehr – bis gestern. Der US-Präsident trat am Dienstagabend (Ortszeit) vor die Presse und hielt eine grösstenteils präsidiale Pressekonferenz ab. Auffällig: Trump vollzieht einen Kurswechsel.
Trump schlägt pessimistische Töne an
In den vergangenen Wochen hat sich der US-Präsident stets optimistisch gezeigt und unter anderem vorausgesagt, dass das Coronavirus «einfach verschwinden» werde. Die Pandemie habe man «sehr gut» unter Kontrolle, wiederholte Trump fast schon gebetsmühlenartig. Nicht so am gestrigen Dienstag: «Es wird leider schlimmer werden, bevor es besser wird», sagte er und hielt fest: «Ich sage das nicht gerne über Dinge, aber so ist es.»
Trumps Kehrtwende kommt nach einer dramatischen Zuspitzung der Corona-Pandemie in den Monaten Juni und Juli. In den vergangenen Tagen wurden jeweils zwischen 60'000 bis 77'000 Neuinfektionen verzeichnet. Vor allem im Süden und Westen des Landes haben die Fallzahlen rapide zugenommen, darunter in den Bundesstaaten Florida und Kalifornien, die noch im Frühling als amerikanische Musterschüler in der Corona-Pandemie galten. Auch Trump sieht das nun plötzlich so: «In den letzten Wochen haben wir einen besorgniserregenden Anstieg an Fällen in vielen Teilen unseres Südens, (...) Südwestens und Westens gesehen.»
Trump bewirbt das Tragen einer Schutzmaske
Die zweite Kehrtwende hat Trump bereits am Montag vollzogen, aber am gestrigen Dienstag nochmals unterstrichen. Zum Wochenstart veröffentlichte der US-Präsident ein Bild von sich mit Schutzmaske und bewarb das Tragen einer solcher. Am Dienstag sagte er nun: «Ob Sie die Masken mögen oder nicht, sie haben eine Wirkung, sie werden einen Effekt haben und wir brauchen alles, was wir kriegen können.»
Auch in der Maskenfrage hat Donald Trump monatelang einen anderen Standpunkt vertreten. Er lehnte es ab, eine Maske in der Öffentlichkeit zu tragen und half so mit, das Tragen einer Schutzmaske zu politisieren. Während die Demokraten geschlossen ihr Gesicht seit Beginn der Pandemie verdecken, waren die Republikaner gespalten. Als die Gesundheitsbehörde CDC das Tragen einer Schutzmaske im April offiziell empfohlen hatte, sagte Trump noch: «Das ist nichts für mich.»
Fauci nicht eingeladen, Biden angriffig
Der grosse Abwesende der Pressekonferenz am Dienstag war Corona-Experte Anthony Fauci. Der Immunologe und Direktor des Nationalen Instituts für Infektionskrankheiten hatte dem Sender CNN zuvor gesagt, er sei nicht zum Briefing eingeladen worden. Dass er von Trump als «Alarmist» bezeichnet wurde, störe ihn aber nicht. «Ich sehe mich eher als Realist», sagte er bloss im CNN-Interview.
Joe Biden (77) fand am Dienstagabend hingegen harte Worte für Trumps Kurswechsel. Der designierte Präsidentschaftskandidat der Demokraten sagte, es klinge «hohl», wenn der US-Präsident nun plötzlich behaupte, er habe einen «unermüdlichen Fokus» auf die Corona-Krise. «Er hat heute Abend sogar wiederholt, dass es einfach «verschwinden» wird, nachdem es 140'000 Amerikaner getötet und unsere Wirtschaft ins Wanken gebracht hat», so Biden.
Die Gründe für den Kurswechsel
Was Donald Trump genau zu diesem Kurswechsel veranlasst hat, kann nur spekuliert werden. Klar ist: Die meisten Amerikaner glauben an den Nutzen der Schutzmaske. In einer am Freitag veröffentlichten Umfrage der «Washington Post» und des Senders ABC gaben 79 Prozent an, sie würden in Gegenwart anderer Menschen ausserhalb ihres Zuhauses immer oder meistens eine Schutzmaske tragen. 15 Prozent sagten, sie würden nie oder selten eine Maske anziehen.
Die Kehrtwende des US-Präsidenten könnte aber auch auf andere Umfragen zurückgeführt werden. So hat in den vergangenen Wochen die Kritik an Trumps Krisenmanagement zugenommen. 60 Prozent bewerteten Trumps Vorgehen in der Pandemie als negativ, nur noch 38 Prozent befürworteten es. Im März hatte eine knappe Mehrheit (51 Prozent) Trumps Vorgehen noch gutgeheissen, 45 Prozent hatten es abgelehnt.
Klar ist: Donald Trump muss etwas für seine Beliebtheit tun. Sein demokratischer Präsidentschaftskandidat Joe Biden (77) liegt in nationalen Umfragen mit bis zu 14 Prozentpunkten in Führung. Schlimmer noch für Trump: Auch in den Swing States, die traditionell die US-Wahlen entscheiden, ist der Amtsinhaber teilweise weit zurückgefallen. Sogar die republikanische Hochburg Texas wackelt.
Seit Donald Trump 2016 zum 45. Präsident der Vereinigten Staaten gewählt wurde, wirbelt er die internationale Politik durcheinander. Bleiben Sie auf dem Laufenden mit allen Bildern, News & Videos aus den USA.
Seit Donald Trump 2016 zum 45. Präsident der Vereinigten Staaten gewählt wurde, wirbelt er die internationale Politik durcheinander. Bleiben Sie auf dem Laufenden mit allen Bildern, News & Videos aus den USA.
Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.
Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.