«Erhebliche Widersprüche» im Fall Maddie McCann
Verteidiger von Christian B. feuert gegen Zeugen

Nachdem der wohl bedeutendste Zeuge im Fall Maddie McCann in einem Interview sein Schweigen gebrochen hat, feuert nun der Verteidiger vom Hauptverdächtigen gegen ihn. Es gebe «erhebliche Widersprüche».
Publiziert: 01.07.2023 um 19:33 Uhr
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Aktualisiert: 06.03.2024 um 17:17 Uhr
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Seit 2007 gilt die damals dreijährige Maddie McCann als vermisst.
Foto: AFP

Der Fall Maddie McCann ist einer der bekanntesten Kriminalfälle weltweit. 2007 verschwand die damals Dreijährige spurlos aus einem Zimmer in einer portugiesischen Ferienwohnung an der Algarve. Eine Leiche wurde nie gefunden. Was mit dem Kind passierte, ist bis heute ungewiss. 

Doch Helge B.* (52) lieferte im Jahr 2008 einen wichtigen Anhaltspunkt für die Ermittler. Er ist Kernzeuge im Fall McCann und gab der Londoner Kriminalpolizei Scotland Yard einen Hauptverdächtigen: Christian B.* (46). Am Donnerstag äusserte sich der Zeuge erstmals öffentlich in einem Interview mit der «Bild» zum Fall.

Vergewaltigungs-Videos und Tatgestand

Der Zeuge erzählt, dass er und sein Freund Manfred S.* 2008 in die Wohnung von Christian B. eingedrungen seien, als dieser wegen Diebstahl verhaftet wurde. Dort fanden sie mutmasslich Videos, auf denen Christian B. eine Amerikanerin (72) vergewaltigte. «Da wusste ich, was B. für ein Typ ist», sagt Helge B. zur Zeitung.

Christian B. musste für die Vergewaltigung der Frau hinter Gitter. Die 7-jährige Haftstrafe basiert auf Aussagen der beiden Freunde. Und auf einem Haar von Christian B., das Ermittler auf dem Bettlaken des Opfers fanden. Die Videos selbst habe Helge B. hingegen in seinem Wohnwagen zurückgelassen, berichtet «Bild». Wo sie heute sind, weiss er nicht.

Des Weiteren sagt der Zeuge, dass der mutmassliche Täter ihm in 2008 auf dem spanischen Dragon Festival seine Tat gestanden hätte. Als Helge B. ihm sagte, er könne nicht verstehen, wie Maddie spurlos verschwinden konnte, habe Christian B. geantwortet: «Sie hat ja nicht geschrien.» Für Helge B. war klar: Er hat sie entführt. Auch die Ermittler teilen diese Meinung – denn Christian B. gilt als Hauptverdächtiger. Für seine Schuld gibt es allerdings bis heute keine eindeutigen Beweise.

Verteidiger feuert gegen Zeugen

Die neuen Erkenntnisse sorgten für viel Wirbel. Doch nun äussert sich der Verteidiger von Christian B. – und zwar mit harscher Kritik. Anwalt Dr. Friedrich Fülscher (39) sagt zur «Bild»: «Die Aussage des Zeugen wirft eine Menge Fragen auf, die mich in der Annahme, dass diese Videos frei erfunden sind, bestärken.»

Die Aussagen von Helge B. seien nicht schlüssig. Ausserdem gebe es «erhebliche Widersprüche zu Aussagen des Zeugen Manfed S.». Denn dieser soll laut dem Gericht, das Christian B. wegen Vergewaltigung verurteilte, andere Sequenzen gesehen haben, als Helge B. Für den Anwalt ist klar: «Dies wäre nach der jetzigen Schilderung des Helge B. schon faktisch nicht möglich.» (mrs)

* Namen bekannt 

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