Er lebt allein in einer Geisterstadt
Ist Pablo Novak (93) der einsamste Mensch der Welt?

Pablo Novak kehrte fast 25 Jahre nach einer Mega-Überschwemmung in seinen Heimatort zurück. Dort lebt er bis heute ganz allein.
Publiziert: 08.01.2024 um 18:09 Uhr
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Aktualisiert: 09.01.2024 um 10:14 Uhr
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Von der einst bei Touristen beliebten Stadt Epecuen ist nicht mehr viel übrig.
Foto: IMAGO/ZUMA Wire
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Marian NadlerRedaktor News

Einst war Epecuen, 480 Kilometer südwestlich der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires gelegen, eine blühende Gemeinde. Der beliebte Ort verzeichnete 1980'2000 Einwohner und 20'000 Touristen pro Jahr.

Heute lebt in der Stadt noch genau eine Person: Pablo Novak (93), kürzlich ist ein Dokumentarfilm über ihn erschienen. Doch was hat ihn zum Einsiedler gemacht? Eine Katastrophe. 

In einem Interview mit CNN von 2015 erinnert sich Novak noch gut an das Hochwasser, das im November 1985 kam und auf einer Höhe von bis zu 10 Meter alles mit sich riss. 

Zuvor hatte es heftig geregnet, ein Damm am Salzwassersee von Epecuen brach. Innerhalb von zwei Wochen stand Epecuen drei Meter tief unter Wasser, seine Bewohner wurden evakuiert. Es bedeutete das Ende für die einst so belebte Stadt. Auch die Touristen blieben aus. 

«Ich war ganz allein. Jeden Tag, den ganzen Tag»

Es dauerte Berichten zufolge acht Jahre, bis das Wasser aufhörte, anzusteigen. Der Höchststand betrug 1993 etwas mehr als zehn Meter. 

Bis das Wasser im Zuge einer Trockenperiode zurückging und Pablo heimkam, brauchte es fast 25 Jahre. 

Bei der Rückkehr bot sich Pablo Novak ein Bild, das an ein Kriegsgebiet erinnerte. Die Überbleibsel der Häuser waren vom Salz und der Sonne ausgebleicht worden, ebenso wie die Bäume, die Strassen waren mit Schutt übersät.

«Ich war ganz allein. Jeden Tag, den ganzen Tag», erzählte Pablo, der sich selbst als den «einsamsten Menschen der Welt» bezeichnet, 2015 in dem CNN-Interview. «Ich verbrachte die Zeit damit, nach einer 20 Jahre alten Flasche Whisky zu suchen, und schliesslich fand ich eine, die ich ganz allein trank.»

«Sein Haus ist wie ein kleines Museum»

Seine Frau und Familie kehrte nach dem Hochwasser nicht mehr zurück. Sie blieben in einer benachbarten Stadt, wo sie sich ein neues Leben aufgebaut hatte. 

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Immer allein ist Pablo Novak inzwischen aber nicht mehr. In den vergangenen Jahren kamen immer mehr Touristen in die einst versunkene Stadt. Sie schiessen Selfies vor den Ruinen, vor allem vor dem ehemaligen Schlachthof, dem einzig noch gut erhaltenen Gebäude. Die Besucher reizt der Anblick der Ruinen, die apokalyptisch anmutende Landschaft. 

«Ich habe diese Stadt entstehen und sterben sehen»

Pablos kleines, staubiges Haus ist voller rostiger Stühle und alter Zeitungen. Es gibt nicht einmal Strom», sagte die Fotografin Irina Werning dem «Spiegel» im vergangenen Jahr. Zuvor hatte sie den letzten Einwohner von Epecuen besucht, es ist das bisher jüngste mediale Lebenszeichen des Mannes. 

Was er wohl heute so treibt? «In meinem Alter geniesse ich es einfach, durch die Ruinen von Epecuen zu laufen», sagte der Rentner 2015 gegnüber CNN. Der Zahn der Zeit nagt unaufhörlich an ihm und den Ruinen, von denen immer weniger übrig bleibt. «Ich habe diese Stadt entstehen und sterben sehen. Sie berührt mich nicht mehr», sagte er damals.

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