Ein Lastwagen-Fahrer (41) stürmte aus seiner Fahrerkabine, zerrte Klimaaktivisten, die die Strasse blockierten, über die Strasse und fuhr los, obwohl direkt vor ihm noch Menschen auf der Strasse waren. Ein Aktivist wurde ein Stück weit mitgeschleift. Fast wäre er unter den LKW geraten.
Diese Szene, aufgenommen in Stralsund (D), sorgte am 12. Juli für einen Aufschrei in den sozialen Medien. Für den betroffenen LKW-Chauffeur hatte die Aktion damals Konsequenzen: Tobias H.* verlor seinen Job und Führerschein und musste eine hohe Geldstrafe berappen.
Jetzt erklärt sich der LKW-Rambo. «Der 12. Juli war bisher der schlimmste Tag meines Lebens», sagt der 41-Jährige zu «Bild».
5400 Euro Busse verurteilt
Er will seine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung und gefährlichen Eingriffs in den Strassenverkehr vor Gericht anfechten.
Für die Aktion wurde H. zu einer Geldstrafe von 5400 Euro verurteilt. Obendrauf kommt ein Führerscheinentzug für ein Jahr. «Wir legten gegen die Entscheidung Einspruch ein», sagt Anwalt Dirk Lüder (53) gegenüber «Bild».
Mehr zu den Klima-Klebern
«Der Stress war schon gross»
H. habe zum Zeitpunkt der Tat unter «erheblichem Zeitdruck» gestanden. «Ich transportierte Gase für medizinische Operationen. Normalerweise gibt es pro Tag maximal bis zu zwölf Touren. An diesem Tag waren es 14.» H. brachte seine Ladung jeweils «punktgenau» zu den Spitälern. Am 12. Juli hätten sich zusätzlich noch Ärzte während der Fahrt erkundigt, wo H. denn stecke.
«Der Stress war schon gross», offenbart er. Dann sah er in 200 Meter Entfernung die beiden Klima-Kleber. «Deshalb wechselte ich auf die Busspur, um schnell noch durchzukommen. Doch mein Manöver bekamen sie mit, blockierten blitzschnell auch diesen Weg – ich musste eine Vollbremsung hinlegen, um sie nicht zu überfahren», sagt der Deutsche.
Danach hatte sich der Deutsche nicht mehr im Griff. Er drohte den Aktivisten erst mit Prügel, dann schleifte er sie von der Strasse. Ein Aktivist setzte sich daraufhin wieder auf die Strasse und wurde vom LKW getroffen. Zu dieser Szene sagt H.: «Ich habe nicht mitbekommen, dass sich der Aktivist wieder auf die Strasse gesetzt hat. Als mich Passanten darauf aufmerksam machten, hielt ich umgehend an.»
Grosse Solidarität
Vor Gericht wird jetzt beurteilt, ob der LKW-Fahrer den Aktivisten hätte sehen müssen. Dazu ist ein Gutachter vorgeladen. Noch ist unklar, welche Kriterien in seine Beurteilung einfliessen werden.
Der Führerscheinentzug gilt auch für das Privatauto des 41-Jährige. Dies soll sich nach der kommenden Gerichtsverhandlung ändern. «Wir hoffen, dass mein Mandant seine Fahrerlaubnis bald wiedererlangt», sagt Anwalt Lüder.
Neben der Aufregung in den sozialen Medien erreichten Tobias H. auch Solidaritätsbekundungen. Die aufmunternden Worte geben dem LKW-Fahrer Kraft, weiter durchzuhalten. «Ich danke allen Unterstützern. Denn glauben Sie mir: So wie mich das Video zeigt, bin ich nicht. Im Gegenteil. Dass der Vorfall am 12. Juli eskalierte, tut mir leid.» (ene)
*Name bekannt