Nach einem Geständnis des wegen falscher Verdächtigung und Verleumdung angeklagten Musikers Gil Ofarim (41) hat das Landgericht Leipzig das Verfahren vorläufig eingestellt. Ofarim gestand, die Antisemitismusvorwürfe gegen einen Hotelmitarbeiter erfunden zu haben.
Die Einstellung erfolgte nach einer Verständigung der Prozessbeteiligten. Sie ist mit einer Geldauflage in Höhe von 10'000 Euro verbunden, die Ofarim an die Jüdische Gemeinde zu Leipzig und den Trägerverein des Hauses der Wannseekonferenz zahlen soll. Wenn das Geld innerhalb eines halben Jahres dort eingeht, ist das Verfahren endgültig eingestellt.
Das ist allerdings noch nicht passiert: «Die Erfüllung der Auflage hat er bislang nicht angezeigt beziehungsweise nachgewiesen», bestätigt ein Sprecher des Landgerichts am Montag. Sollte Ofarim das Geld nicht innerhalb der ausgemachten Frist bezahlen, «ist das Verfahren anschliessend wieder aufzunehmen und das Strafverfahren müsste dann nochmals von Beginn an durchgeführt werden», so der Gerichtssprecher zu Focus.
«Ich habe das Video gelöscht»
In einem am 5. Oktober 2021 in sozialen Netzwerken verbreiteten Video gab der Musiker an, er sei von einem Mitarbeiter des Hotels «Westin» beim Einchecken aufgefordert worden, eine Halskette mit Davidstern abzulegen. Das Video schlug damals hohe Wellen. In seinem Geständnis und seiner Entschuldigung sagte Ofarim am Dienstag: «Ich habe das Video gelöscht.»
Der als Nebenkläger auftretende Hotelmanager akzeptierte noch im Gerichtssaal die Entschuldigung. Zur Begründung der Verfahrenseinstellung führte die Strafkammer aus, dass es in dem Prozess vor allem um die zuverlässige Feststellung des Sachverhalts gegangen sei.
Wirkungsvolle Rehabilitierung
Dieser stehe aufgrund von Zeugenaussagen und Gutachten sowie des Geständnisses von Ofarim nun zweifelsfrei fest. Damit seien alle Zweifel und Spekulationen endgültig beseitigt. Durch Ofarims Entschuldigung sei der Hotelmanager zudem wirkungsvoller rehabilitiert worden, als es durch ein Urteil möglich gewesen wäre. Laut der deutschen «Welt» hätten Ofarims Anwälte schon länger nicht mehr daran geglaubt, dass Ofarim mit seiner Version vor Gericht durchkommen könnte – und ihren Mandanten in den Tagen zu einem Geständnis gedrängt.
Unterdessen hat sich auch der Zentralrat der Juden zum eingestellten Verleumdungsverfahren eingestellt – und den Musiker heftig kritisiert: [Damit hat] Gil Ofarim all denen, die tatsächlich von Antisemitismus betroffen sind, grossen Schaden zugefügt. Neben der Öffentlichkeit hat er auch die jüdische Gemeinschaft belogen. Wir haben in unserer Gesellschaft ein Antisemitismus-Problem, viele sind gerade in der jetzigen aufgeheizten gesellschaftlichen Situation verunsichert und erleben Judenhass und Ablehnung.»
«Vorwurf darf niemals grundlos erhoben werden»
Es sei richtig, bei Antisemitismusvorwürfen auf der Seite des Betroffenen zu stehen und die Antisemitismuserfahrung nicht infrage zu stellen, so der Zentralrat weiter, aber: «Umgekehrt darf so ein Vorwurf niemals grundlos erhoben werden. Und das ist hier leider passiert.»
(AFP/las/lia)