Gefesselte Arme, ständige Erniedrigungen und psychische Misshandlungen: Seit Monaten werden israelische Geiseln im Gazastreifen gefangen gehalten – teils unter schlimmen Bedingungen. Am vergangenen Samstag wurden vier Entführte gerettet.
Unter den Geretteten befindet sich auch der 27-jährige Andrey Kozlov. Im Interview mit dem israelischen Sender Kan sprechen die Eltern des Entführten darüber, was ihr Kind im Gazastreifen durchmachen musste.
Von Nova-Festival nach Gaza entführt
Wie Kozlovs Mutter berichtet, fesselten die Wächter ihren Sohn zu Beginn der Geiselhaft mit den Händen hinter dem Rücken. Als er nach einiger Zeit mit den Händen vor dem Körper geknebelt wurde, sei Kozlov das wie ein Geschenk vorgekommen. Der aus Russland stammende Mann war am 7. Oktober von einem Musik-Festival entführt worden.
Dort war er israelischen Medien zufolge als Sicherheitsmitarbeiter tätig. «Wir haben alle die Videos von dort gesehen, er war Teil dieser Ereignisse, er hat mit eigenen Augen gesehen, was passiert ist», sagt Kozlovs Vater über den Überfall. Zunächst habe der 27-Jährige im Familien-Chat noch Entwarnung gegeben und geschrieben, dass es ihm gut gehe. «Auf der Flucht über die nahe gelegenen Felder lief er jedoch Terroristen in die Arme.»
Die Eltern des Mannes offenbaren in dem Interview zudem, dass ihr Sohn gefoltert worden sei und schlimme Bestrafungen über sich ergehen lassen musste. Er sei etwa an sehr heissen Tagen mit vielen Decken zugedeckt worden. Besonders einen Wächter habe er als grausam beschrieben.
«Sie sagten, dass Israel den Tod der Geiseln wolle»
Gegenüber «ynet» erzählte Kozlovs Mutter weiter, ihr Sohn habe während seiner Zeit in Gaza Dinge erlebt, die er ihr nicht alle erzählen werde. Alles, was er aus der Geiselhaft preisgebe, berichte er aus Mitleid mit seinen Eltern mit Humor.
Im Interview nimmt der Vater auch zur dramatischen Rettungsaktion vom letzten Samstag Stellung. Sein Sohn habe zunächst gedacht, die israelischen Spezialkräfte würden die Geiseln töten. Den Männern sei eingeredet worden, dass Israel den Tod der Geiseln wolle. «Israel hat euch vergessen», hätten die Terroristen mehrfach gesagt. «Sie sagten ihnen, dass es für Israel einfacher sei, die Geiseln zu töten. Solche Dinge zu hören, ist unerträglich.» Neben psychologischen Misshandlungen müssten die Gefangenen auch Beschimpfungen über sich ergehen lassen. Mehrfach mussten sie sich Sätze wie «Ihr seid dumm. Ihr seid Esel. Ihr seid schmutzig», anhören.
Kozlovs Freundin erzählte dem Sender Channel 12, dass besonders die Ernährung ihres Freundes, in den ersten Wochen Gefangenschaft, sehr spärlich ausgefallen war. Zudem durften die Männer nur ein Mal pro Woche duschen, ihre Notdurft mussten sie in einem Eimer verrichten.
Nur dank Mitgefangenen Zeit überstanden
Was dem 27-Jährigen geholfen habe, klar im Kopf zu bleiben, seien seine Mitgefangenen gewesen. Nur dank ihnen hätte er die Zeit einigermassen unbeschadet überstanden. Noch befinden sich aber rund 150 Geiseln im Gazastreifen. Dies sei auch der Grund, warum sich Kozlovs Eltern dazu entschieden, an die Öffentlichkeit zu treten. «Wir wollen nicht, dass man die Geiseln vergisst. Wir müssen die Anstrengungen fortsetzen und alle Entführten zurück zu ihren Familien bringen.»
Kozlov selbst hat sich bisher noch nicht öffentlich zu seiner Geiselhaft geäussert.