24 Stunden nach dem Hotel-Einsturz in Kröv (D) wurde die letzte Überlebende unter Applaus aus den Trümmern getragen. Zum Zeitpunkt des Unglücks am späten Dienstagabend befanden sich 14 Personen im Gebäude, darunter auch ein Kind. Die traurige Bilanz: zwei Tote und mehrere Verletzte. Das Haus sackte regelrecht in sich zusammen. Von zuvor drei Etagen existieren nur noch zwei. Die Ursache gibt auch am Tag danach Rätsel auf.
Baustatiker Norbert Gebbeken (70) sagt gegenüber dem «Spiegel»: «Wenn, wie in diesem Fall, ein unteres Stockwerk einstürzt, dann ist Feierabend.» Von einem Statikfehler geht der Experte nicht aus. «Einen Statikfehler? Kann ich mir nicht vorstellen.» In Deutschland gebe es bei Umbauten ein doppeltes Sicherheitsnetz aus Bauleiter, Statiker und unabhängigem Prüfingenieur.
Kritischer sieht es Diplom-Ingenieur und Statiker Thomas Hoffmann (63). «Prüfer können nur das prüfen, was sie sehen können», sagt er zu «Bild». Bei Umbauten sei dies oft nicht viel, da die tragenden Teile verdeckt und möglicherweise gar verdeckt beschädigt seien. «Diese müssen freigelegt werden. Die Kosten hierfür sehen die Bauherren oft nicht ein, da sie ohne sichtbaren Grund funktionierende Bauteile zerstören müssten.»
«Da genau lag irgendwo der Knackpunkt»
Ein Anwohner berichtet dem «Spiegel» von einem Riss an der Aussenwand des Gebäudes. Vor einer Woche seien Statiker dort zugange gewesen, zuletzt habe es Bauarbeiten gegeben. Ob sie mit dem Einsturz in Verbindung stehen, soll nun ein Gutachter klären.
Die Grundstruktur des Hauses stammt aus dem 17. Jahrhundert, in den Achtzigerjahren wurde das Gebäude um zweieinhalb Geschosse erweitert. Zu diesem Zeitpunkt sei eine Grundkonstruktion über Hohlkammerdecken mit Tragkonstruktionen gebaut worden, erklärt Jörg Teusch, Brand- und Katastrophenschutzinspekteur, gegenüber «Bild». «Da genau lag jetzt irgendwo der Knackpunkt.»
Statiker Hoffmann sieht zwei mögliche Auslöser für die Tragödie. Das Untergeschoss könnte nach Ansicht des Experten an entscheidenden Stellen beschädigt gewesen sein. «Diese fallen aber nicht auf, da es sich nur um kleine Bauteile handelt, die umgefallen wenig Raum einnehmen», sagt er zur Zeitung. Auch Probleme im Obergeschoss könnten den Einsturz verursacht haben. Werde etwa ein frei stehender Giebel vom Wind umgeblasen, müsste das Untergeschoss diese Last aufnehmen. Tückisch sind gemäss Experten zudem auch einknickende Bauteile.
Gefahr bei Holz und Umnutzung von Räumen
Baustatiker Gebbeken nennt gegenüber dem «Spiegel» zwei weitere mögliche Auslöser: «Wenn Holz als ein tragendes Element gedient hat, kann Nässe zur Gefahr werden.» Holz könne morsch werden, wenn es länger feucht sei. Im schlimmsten Fall heisst das: Es kann zusammenbrechen. Eine andere Erklärung sieht der Baustatiker in der Umnutzung von Räumen. So würden Statiker für Räume eine bestimmte Last berechnen. Gebbeken macht im Interview ein Beispiel: Wird aus einem Büro etwa ein Archiv, wo schwere Akten gelagert werden, müsse die Statik neu berechnet werden. Passiere dies nicht, drohe Einsturzgefahr.
Warum genau das Hotel an der Mosel in sich zusammenfiel, wird nun abgeklärt. Die Untersuchungen zum Unglück sind im Gange.