Es ist eine unterwürfige Geste. Der russische Präsident Wladimir Putin (70) geht auf die Knie – und zwar vor keinem Geringeren als Chinas Staatschef Xi Jinping (69). Zudem küsst der Kreml-Chef demütig dessen Hand, während Xi lächelt. Russland verbeugt sich also vor China.
Das Bild geht viral. Hunderte teilen es dieser Tage in den sozialen Medien. Es erschien just zum dreitägigen Staatsbesuch von Xi in Moskau. Der chinesische Staatschef ist am Montag im Kreml eingetroffen. Die brennenden Themen der zwei Supermächte sind der Ukraine-Krieg, Friedensverhandlungen und mögliche Waffenlieferungen Chinas an Russland.
China baut seine Macht aus
Das Bild ist deshalb so brisant, weil sich in jüngster Zeit die Berichte mehren, wonach China auf dem internationalen Parkett seine Macht bedeutend ausbaut. Zuletzt gingen viel diskutierte Fotos um die Welt, auf denen Xi seine dritte Amtszeit mit zwei Prestige-Teetassen eingeläutet hat. Wieder und wieder rivalisiert der Staatschef ferner mit dem Westen, indem er den Aufstieg Chinas zum Thema macht, den etwa die westlichen Staaten verhindert hätten.
Gleichzeitig ist insbesondere wegen des Ukraine-Krieges Russlands Vorreiterstellung auf der Welt bedroht, die Spannungen mit dem Westen, vor allem mit den USA, haben zugenommen. Das Paradebeispiel hierfür sind die Sanktionen, die die EU, die Schweiz und Amerika gegen Oligarchen oder andere hochrangige Russen verhängt haben: Sie schwächen die russische Wirtschaft schwer.
Jetzt wird allerdings bekannt, dass das Kniefall-Bild bloss ein Fake ist. So tweetet Tech-Reporterin Amanda Florian, dass die Demutsszene mit künstlicher Intelligenz erstellt worden sei. Die Expertin ist spezialisiert auf China, Cybersicherheit und neue Medien. «Es ist sehr wahrscheinlich, dass dieses Foto mit einem Programm generiert worden ist», so Florian.
Die Original-Fotos zeigen nämlich das Treffen der Staatschefs in einem anderen Raum – und mit einer anderen Inneneinrichtung. Expertin Florian sagt, sie hätte das Bild ausserdem durch einen Detektor von Hugging Face laufen lassen, ein französisches Tech-Unternehmen, das Tools für maschinelles Lernen und Softwareentwicklung anbietet. «Laut diesem Bilddetektor ist das Foto nicht echt.»
«Unregelmässige ‹Beulen› an Putins Ohr»
Die Tech-Reporterin schreibt ausserdem, Xi Jinpings Haare seien etwas verschwommen. «Wenn man genau hinsieht, kann man auch das leicht verdeckte Ohr von Xi und einige unregelmässige ‹Beulen› an Putins Ohr erkennen.» Amanda Florians Bilanz: «Man darf nicht alles glauben, was man im Internet sieht.»
Russlands Weltmacht-Stellung ist demnach noch nicht so angeknackst, wie es zunächst scheint. Doch es bleibt abzuwarten, wie lange Putin seine und des Kremls Machtstellung mit dem eingeschlagenen Weg noch halten kann. Denn ein Ende des Ukraine-Krieges ist bislang nicht in Sicht. (tva)