Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Beben in Wien
Kurz diesmal richtig weg!

Sebastian Kurz macht Schluss mit der Politik – gleichzeitig wird die Regierung umgebildet. Was Sie zum Ösi-Knall wissen müssen.
Publiziert: 05.12.2021 um 01:28 Uhr
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Aktualisiert: 05.12.2021 um 06:35 Uhr
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Kurz beim WEF 2019 in Davos: Mit 35 blickt er auf eine zehnjährige Karriere in der Spitzenpolitik zurück.
Foto: AP
Fabienne Kinzelmann

Ausnahmetalent, Wunderwuzzi, Macron der Alpen: So wurde Österreichs Polit-Shootingstar Sebastian Kurz genannt. Mit 35 Jahren ist er schon doppelter «Altkanzler». Und entgegen der Erwartung vieler Beobachter will er es offenbar nicht zu einem dritten Mal kommen lassen.

Am Donnerstag verabschiedete sich Sebastian Kurz endgültig aus der Politik. Nach seinem Rücktritt als Bundeskanzler Anfang Oktober gibt er nun auch sein Amt als ÖVP-Parteichef und Abgeordneter ab. «Es war mir eine grosse Ehre, der Republik zehn Jahre dienen zu dürfen. Vielen Dank», sagte Sebastian Kurz. Dann ging er.

So erklärt Ex-Kanzler Sebastian Kurz seinen Rückzug
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An einer Pressekonferenz:So erklärt Ex-Kanzler Sebastian Kurz seinen Rückzug

Warum verlässt Sebastian Kurz die Politik?
Offiziell nannte er die Ermittlungen gegen ihn und die Geburt seines Sohnes Konstantin am 27. November. Allerdings hielten ihn offenbar auch immer mehr Parteikollegen nicht mehr für tragbar.

Was wird Kurz vorgeworfen?
Ermittelt wird wegen des Verdachts auf Falschaussage vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss sowie wegen möglicher Untreue und Bestechlichkeit. Mit Steuergeldern sollen wohlwollende Umfragen und deren Veröffentlichung gekauft worden sein. Kurz bestreitet sämtliche Vorwürfe. Nach der Veröffentlichung von Handy-Chats trat Kurz Anfang Oktober als Kanzler zurück und wechselte in den Nationalrat.

Warum ist auch sein Nachfolger Schallenberg zurückgetreten?
Der Kurzzeit-Kanzler galt vor allem als Platzhalter für Sebastian Kurz. Er wird nun wieder Aussenminister.

Kommt es zu Neuwahlen?
Erst mal nicht. Die Regierung wird umgebildet: Der Parteivorstand hat den bisherigen Innenminister Karl Nehammer einstimmig als neuen ÖVP-Chef und neuen Kanzler designiert. Die Grünen, die mit der ÖVP in der Regierung sind, sind einverstanden. Vizekanzler Werner Kogler (60) bekräftigte, dass man eine «sehr gute Gesprächsbasis» zum neuen Kanzler habe – wenngleich in Migrationsfragen bekanntermassen «unterschiedliche Auffassungen».

Wer ist Neukanzler Nehammer?
Ein ehemaliger Berufssoldat im Rang eines Leutnants und langjähriger Parteifunktionär. Er steht unter anderem für eine harte Haltung gegen illegale Migration und gegen radikale islamistische Strömungen. Zu den zentralen Grundwerten seiner Politik zählten Verantwortung, Solidarität und Freiheit, sagte Nehammer in einer ersten Stellungnahme. «Füreinander da sein, füreinander einstehen, aufeinander aufpassen», das gelte gerade in der Corona-Pandemie.

Was macht Kurz jetzt?
Laut Medienberichten hat er bereits einen Job bei einem internationalen Konzern, bei welchem, ist noch unklar. Kurz hat stets die Nähe zu Tech-Unternehmen und Start-ups gesucht. Seit seinem Rücktritt soll er geschäftlich nach Irland und Zürich gereist sein. Verarmen wird Kurz kaum: Nach seinem politischen Karriereende stehen ihm noch für bis zu sechs Monate umgerechnet rund 11’500 Schweizer Franken monatlich zu.

Was bleibt von der Ära Kurz?
Mit dem «Geil-o-mobil» – einem schwarzen Hummer, mit eng bekleideten Frauen und Werbekondomen mit der Aufschrift «Schwarz macht geil» – machte er auf sich aufmerksam. Mit 24 wurde der Jurastudent Integrationsstaatssekretär und machte den Kampf gegen die illegale Migration zum Hauptthema. Seine Partei schnitt er ganz auf sich zu und verpasste ihr eine neue Farbe. In der EU war er einer der lautesten Kritiker seiner deutschen Amtskollegin Angela Merkel. In den Verhandlungen über das EU-Budget führte er zuletzt die Gruppe der Länder an, die höhere nationale Zahlungen verhinderte.

Was passiert mit der ÖVP?
Die Umwälzungen in der ÖVP verdüstern nach Ansicht von Politberater Thomas Hofer die Aussichten der Partei auf künftige grosse Wahlsiege: «Die ÖVP hat keinen zweiten Sebastian Kurz im Angebot und muss nun kleinere Brötchen backen.»

Wer könnte profitieren?
Die Grünen. Sie wollen am Koalitionspakt festhalten und könnten nach dem Polit-Aus für Sebastian Kurz stärkere Akzente setzen.

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