Am Samstag knallte es am US-Himmel. Das amerikanische Militär schoss einen mutmasslichen chinesischen Spionage-Ballon ab. Dieser kreiste seit Tagen über dem Land. Drei Flughäfen mussten geschlossen werden. Blick beantwortet die wichtigsten Fragen zum jüngsten Zusammenstoss der Grossmächte.
Wer hat den Spionage-Ballon entdeckt?
Das US-Militär. Der Ballon wurde am Mittwoch im Nordwesten der USA entdeckt. Man habe erwogen, ihn abzuschiessen, sich dann aber dagegen entschieden, wegen der Gefahr durch herabfallende Trümmer, meinte das US-Verteidigungsministerium erst. Drei Tage später schoss die Armee das Flugobjekt doch noch vom Himmel – über dem Meer.
Was kann der Ballon?
Es handelt sich um einen Spionage-Ballon. In den meisten Fällen sind diese mit hochauflösenden Kameras ausgestattet, um unter anderem Aufnahmen von militärischer Infrastruktur zu machen. Gefüllt ist er mit einem Gas wie Helium, das es ihm erlaubt, in einer Höhe von 24'000 bis 37'000 Metern zu operieren. Weit über dem Bereich, in dem der kommerzielle Flugverkehr fliegt – Verkehrsflugzeuge steigen fast nie höher als 12'000 Meter. Die Ausrüstung des Ballons wird durch Solarflächen mit Energie versorgt. Dies ist auf den Bildern gut ersichtlich. Gesteuert wird der Ballon von einem Bordcomputer. Oftmals unterstützt von einem Radar. Der Computer berechnet die Winde und nutzt Druckluft, um den Ballon zu lenken.
Warum setzen die Chinesen einen Ballon statt eines Satelliten ein?
«Da Laser oder kinetische Waffen erfunden werden, um Satelliten anzugreifen, lebt das Interesse an Ballons wieder auf», erklärt John Blaxland, Professor für internationale Sicherheit und nachrichtendienstliche Studien, gegenüber dem «Guardian». Der Ballon ist zudem finanziell lukrativer: «Er bietet zwar nicht das gleiche Mass an dauerhafter Überwachung, ist aber leichter abzurufen und viel billiger zu starten. Um einen Satelliten ins All zu schicken, braucht man eine Trägerrakete – ein Gerät, das normalerweise Hunderte Millionen Dollar kostet.» Ausserdem können Ballone längere Zeit ein Gebiet inspizieren, weil sie deutlich langsamer sind als Satelliten. Erstmals wurden solche Spionageballone 1794 während den französischen Revolutionskriegen benutzt.
Welche Absichten hatte China?
«Sie mussten damit rechnen, entdeckt zu werden», glaubt Blaxland. «Der amerikanische Luftraum wird genau überwacht.» Deshalb glaubt er an zwei mögliche Absichten der chinesischen Regierung. «Sie wollten die USA wohl in Verlegenheit bringen.» Zudem sollen die USA möglicherweise feststellen, dass die Chinesen mit ihrer Technologie mindestens schritthalten können. Im Sinne von: «Alles, was ihr könnt, können wir besser.» Blaxland betont: «Chinesische Sicherheitsbehörden sind Meister im Nachahmen.»
Was sagen die Beteiligten?
China reagierte verärgert über den Ballon-Abschuss der Amerikaner. Ein Sprecher des Aussenministeriums in Peking meinte, dass China «stark unzufrieden» sei über den Einsatz von Gewalt. Insbesondere, weil es sich um ein «ziviles Luftschiff» handle, das für «meteorologische Zwecke» genutzt werde. China behalte sich das Recht auf «notwendige Reaktionen» vor.
US-Verteidigungsminister Lloyd Austin (69) sprach von einer «inakzeptablen Verletzung» der Souveränität der USA. Wenige Stunden vor dem Abschuss erklärte Präsident Joe Biden (80) die Angelegenheit zur Chefsache. «Wir kümmern uns darum», soll er laut mitreisenden Reportern versprochen haben. Gesagt, getan. Nach der erfolgreichen Mission gratulierte er dem Militär. «Ich möchte unseren Fliegern, die das getan haben, ein Kompliment machen.»
Wann ist die Bergung beendet?
«Wie lange es dauern wird, steht noch nicht fest», sagte ein hochrangiger Vertreter des Pentagons am Samstag. Es dürfte jedoch nicht Wochen oder Monate dauern. Da die Trümmer in relativ flachem Wasser liegen, bezeichnete er die Bergung als, «ziemlich einfach.». Die US-Luftwaffe erklärte: «Der Ballon stürzte knapp zehn Kilometer vor der Küste in eine Wassertiefe von etwa 14 Metern. Es wurde niemand verletzt.»