Zuerst die Krim und schon bald Cherson, Melitopol und wohl weitere ukrainische Regionen: Die russischen Invasoren wollen eroberte Gebiete offiziell per «Abstimmung» ihrem eigenen Land zuschlagen.
Doch Putins Masche mit «Abstimmungen» ist spätestens seit 2014 bekannt. Das Referendum auf der Krim stand im Widerspruch zur ukrainischen Verfassung, die Fragestellung war mehrdeutig, zudem wurde der russische Wähleranteil künstlich erhöht. Mit solchen Pseudo-Abstimmungen lassen sich fremde Gebiete einfach dem eigenen Land zuschreiben.
Pseudo-Abstimmungen in Vorbereitung
Auf gleiche Weise wie bei der Krim wollen die russischen Invasoren auch bei militärisch eroberten Gebieten in der Ukraine vorgehen. In Cherson sind die russischen Besatzungseinheiten angewiesen worden, bis Herbst eine Abstimmung durchzuführen, um die Annexion «demokratisch» zu legitimieren.
Auch in der südukrainischen Stadt Melitopol planen die Invasoren den Beitritt zu Russland. Die Vorbereitungen für ein Referendum hätten begonnen, sagte die prorussische Statthalterin Halyna Daniltschenko am Dienstag der russischen Agentur Tass zufolge. «Wir wissen, dass unsere Zukunft bei Russland liegt, die Russische Föderation ist jetzt für immer hier. Und wir bereiten uns nun auf ein Referendum vor», sagte Daniltschenko.
Steigt Gefahr vor Atomschlag?
Wie gehts im Osten der Ukraine weiter? ETH-Sicherheitsexperte Mauro Mantovani (58) sagt gegenüber Blick: «Wenn die Oblast Luhansk einmal von den Russen vollständig besetzt ist – was immer noch Wochen dauern könnte –, würde dort wohl zuerst eine Volksrepublik ausgerufen, die vielleicht von Syrien und Venezuela anerkannt wird.» Später könnte Russland auch da eine Volksabstimmung über den Anschluss inszenieren, an deren Ende vielleicht eine Annexion stünde. «Auch diese würde international kaum anerkannt werden», sagt Mantovani.
Nach Putins geplanten «Abstimmungen» über eroberte ukrainische Gebiete könnte auch das Risiko auf einen Atomschlag der Russen steigen, weil die Russen «ihre» neuen Gebiete gegen die Ukrainer verteidigen werden.
Mantovani hält aber auch in einem solchen Fall die Gefahr eines Atomschlags für sehr klein. «Ein Nuklearwaffeneinsatz Russlands in der Ukraine ist weiterhin unwahrscheinlich, weil es keine sinnvollen militärischen Ziele gibt, und weil sich Russland international damit noch mehr isolieren würde.»