Die Friedensvermittler haben einen Trumpf im Ärmel
So gross sind die Chancen der afrikanischen Mission

Bringt diese Mission den Frieden? Afrikanische Staaten bemühen sich in der Ukraine und Russland um Verhandlungen. Einen gewissen Erfolg dürfte die Initiative tatsächlich haben. Eine Analyse.
Publiziert: 19.06.2023 um 14:13 Uhr
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Beim Besuch in Kiew schossen die Delegierten der afrikanischen Friedensmission Selfies vor zerstörtem russischem Kriegsgerät.
Foto: Global Images Ukraine via Getty Images
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Guido FelderAusland-Redaktor

China, Türkei, Brasilien: Schon mehrere Staaten, die sich im Ukraine-Krieg nicht klar positionieren, haben mit Gesprächen und Vorschlägen versucht, die Aggression Moskaus zu stoppen. Alle waren erfolglos.

Nun tritt mit Afrika ein neuer Vermittler aufs Parkett, um dem Krieg in Europa ein Ende zu setzen. Zur Gruppe gehören Südafrika, Ägypten, die Republik Kongo, Uganda, Senegal, Sambia und die Komoren.

Südafrikanische Marineübung mit Russland

Angeführt wird die Delegation von Südafrika, dem es 2022 im äthiopischen Tigray-Krieg immerhin gelungen ist, einen Waffenstillstand auszuhandeln. Südafrika gilt als wichtigster afrikanischer Verbündeter Russlands, gehört aber auch zu den wichtigsten Verbündeten der USA.

Während der Apartheid hatte Moskau die vom Afrikanischen Nationalkongress (ANC) angeführte Befreiungsbewegung unterstützt, indem sie sie militärisch ausbildete. Zusammen gehören die beiden Staaten der Brics-Allianz an, zu der auch Brasilien, Indien und China zählen. Erst im Februar machte Südafrika vor seiner Küste mit Russland und China Marineübungen. Durch die Anführung einer Friedensdelegation hofft Südafrika wohl auch, den Westen zu besänftigen.

Angst, dass Russland Drohung wahr macht

Die Friedensinitiative der afrikanischen Staaten umfasst einen Zehn-Punkte-Plan, mit dem sie eine Waffenruhe erreichen und das kriegstreibende Russland stoppen wollen. Der Plan fordert, möglichst schnell mit Verhandlungen zu beginnen. Ebenfalls hält er fest, dass die Souveränität von Staaten gemäss der Uno-Satzung gewährleistet sein müsse. Wie genau das umgesetzt werden soll sowie weitere Details des Plans sind nicht bekannt.

Weder die Ukraine noch Russland sind auf die vorgeschlagenen Verhandlungen eingestiegen. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (45) lehnte Verhandlungen ab, solange Russland seine Truppen nicht zumindest aus der Ukraine abzieht. Der russische Präsident Wladimir Putin (70) fand zwar höfliche Worte für den «ausbalancierten afrikanischen Ansatz», wies aber wesentliche Teile zurück.

Den Anstoss zum Friedensabkommen dürfte die Hungersnot gegeben haben. In Kombination mit der herrschenden Rekorddürre – vor allem am Horn von Afrika – hat sie sich durch fehlendes Getreide aus der Ukraine und fehlenden Dünger aus Russland weiter verschärft. In weiter entwickelten Ländern, wie etwa Ägypten, macht sich die Lebensmittelknappheit durch explodierende Preise bemerkbar.

Wenn Russland seine Drohung wahrmacht und aus dem Getreideabkommen aussteigt, würde das Leid in Afrika noch grösser. Das Abkommen garantiert, dass Getreideschiffe das Schwarze Meer passieren können, ohne angegriffen zu werden.

Wichtiger Trumpf

Gewicht haben die einzelnen Staaten international kaum. Dennoch haben sie einen Trumpf im Ärmel. Gemeinsam vertreten sie einen Kontinent, der wegen Ressourcen und Arbeitskräften in naher Zukunft international eine wichtige Rolle spielen wird. Grossmächte wie China, die USA, Russland und die EU buhlen schon lange um Einfluss und Bodenschätze.

Auch wenn der Friedensplan der afrikanischen Staaten wohl ebenfalls scheitern wird, dürften sie wahrscheinlich immerhin erreichen, dass Moskau die Getreideexporte weiterhin zulässt und sich die Not in Afrika nicht noch weiter verschärft.

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