Die Zahl der Flüchtlinge, die über die Schweiz illegal nach Deutschland einreisen, ist in den vergangenen Monaten stark angestiegen. Zahlen der deutschen Bundespolizei zeigen, dass im April noch gerade mal 167 Personen illegal über die Schweiz nach Deutschland einreisten – rund fünf Flüchtlinge pro Tag. Das berichtet der «Südkurier».
Im Oktober zählte die Bundespolizei ersten Angaben zufolge mit 1739 illegalen Grenzübertritten aus der Schweiz rund das Zehnfache.
Schon im Juli war eine Zunahme verzeichnet worden. Damals reisten 345 Menschen illegal aus der Schweiz nach Deutschland ein. Die Zahl vergrösserte sich im August auf 481, im September auf 864. Deutsche Politiker werfen der Schweiz vor, die Flüchtlinge einfach nach Deutschland durchzuwinken.
Rekordwerte noch nicht erreicht
Bis und mit Oktober sind somit im laufenden Jahr fast 4800 illegale Einreisen von der Schweiz nach Deutschland zu verzeichnen. Zum Vergleich: In den Jahren 2016 und 2017 mit besonders intensiven Migrationsbewegungen waren es 7138 und 5127 Personen.
Ann-Veruschka Jurisch (50), FDP-Bundestagsabgeordnete aus Konstanz und im zuständigen Ausschuss für Inneres, ist deswegen alarmiert. «Die Zahlen erhärten, was als Kritik gegen die Schweiz im Raum steht», sagt sie zum «Südkurier». Menschen, die sich illegal in der Schweiz aufhalten und kein Asyl beantragen, seien von den Schweizer Behörden festzusetzen und zurückzuführen, fordert sie. «Die Schweiz muss hier dringend handeln und sich als verlässlichen Partner innerhalb Europas erweisen.»
Grenzen «löchrig wie ein Schweizer Käse»
Auch Thorsten Frei (49), parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, ist der Meinung, dass die Schweiz die Migranten einfach durchwinkt. «Auf längere Sicht droht Deutschland dadurch überfordert zu werden», sagt Fink. «Deutschlands Grenzen dürfen nicht länger löchrig sein wie ein Schweizer Käse.» Frei fordert, dass die Schleierfahndung hinter der Grenze verstärkt und als letztes Mittel über Grenzkontrollen nachgedacht wird. Neben der Schweiz sieht Frei allerdings auch die Ampel-Regierung als Sündenbock. Deren Zuwanderungspolitik sei in grossen Teilen verfehlt.
Die Bundespolizei hat die Schleierfahndung eigenen Angaben zufolge bereits verstärkt. Dabei werden Züge oder Fahrzeuge, die aus der Schweiz in Deutschland ankommen, kontrolliert. Die sogenannte Schleierfahndung muss nicht in unmittelbarer Grenznähe erfolgen und ist bis zu 30 Kilometer von der Grenze entfernt gestattet.
Viele Migrantinnen und Migranten wollen lieber in Deutschland einen Asylantrag stellen als in der Schweiz, weil es für sie dort einfacher ist, zu arbeiten. Das Schengen/Dublin-Abkommen schreibt vor, dass Flüchtlinge bei illegalem Grenzübertritt dorthin zurückgewiesen werden müssen, wo sie den ersten Asylantrag stellten. In der Praxis erweisen sich Rückweisungen jedoch häufig als schwer umsetzbar. Die Chancen sind deshalb hoch, dass Migrantinnen und Migranten einen Asylantrag in ihrem gewünschten Zielland einreichen können, wenn sie erstmal eingereist sind. (noo)