Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (44) ist in höchster Gefahr. Er sagte am Donnerstag, er wisse nicht, wie lange er und sein Land noch zu leben hätten.
Laut Informationen der ukrainischen Regierung befinden sich bereits russische «Sabotagegruppen» im Land, die sich im Grossraum Kiew aufhalten würden. Diese Gruppen hätten die Absicht, die Ukraine mit der Beseitigung des Präsidenten politisch zu destabilisieren.
Die Russen scheinen also Jagd auf Selenski zu machen. «Nach unseren Informationen bin ich das Hauptziel, meine Familie gilt als Ziel Nummer zwei», sagte Selenski in einem Videostatement vom Donnerstagabend. Selenski ist seit 2003 mit Olena Selenska (44) verheiratet, die er während des Studiums kennenlernte. Die beiden sind Eltern von Oleksandra (17) und Kirilo (9)
Zurzeit versteckt sich Selenski in der Hauptstadt Kiew. Am Freitagabend meldet sich der ukrainische Präsident gemeinsam mit anderen Spitzenpolitikern in einem Video aus dem Regierungsviertel zu Wort. «Wir sind alle hier», sagte er. Dazu schrieb er: «Wir sind in Kiew. Wir verteidigen die Ukraine.» Damit reagiert er auf Gerüchte, er verstecke sich in einem Bunker oder habe die Stadt verlassen.
Auch Klitschko in Gefahr?
Die russischen Eindringlinge sollen laut den USA eine Todesliste mit Personen führen, die umgebracht oder in ein Lager geschickt werden sollen. Namen sind keine publiziert worden. Selenski wird sicher darauf stehen.
Die russischen Truppen dürften auch den Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko (50) jagen. Der frühere Box-Weltmeister stand zuvorderst, als sich die Ukraine vor rund zehn Jahren Richtung Westen auszurichten begann. Er bezeichnet Putin als den «Wundbrand Europas».
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Vermutlich wissen die in der Ukraine weit verbreiteten russischen Geheimdienstagenten auch schon, wo sich die wichtigen Leute verstecken. Eine Verhaftung dürfte also schon bald erfolgen.
Kapitulation würde Blutvergiessen stoppen
Was passiert dann? «Aus Putins Sicht optimal wäre, wenn Selenski öffentlich die Kapitulation der Ukraine und vielleicht die zukünftige Neutralität des Landes verkündet», meint ETH-Sicherheitsexperte Benno Zogg (32) zu Blick.
Ein solcher Schritt, so glaubt Zogg, käme zu einem hohen politischen Preis für die Ukraine. Viele von Putins Forderungen wären damit erfüllt und sein Narrativ und seine Propaganda gestärkt – entsprechend könnten auch die Kampfhandlungen grösstenteils enden.
Die Vereinigten Staaten äusserten die Befürchtung, dass die Russen nicht nur Politiker, sondern auch andere, ihnen nicht genehme Personen jagen würden. Dazu zählen sie Angehörige religiöser und ethnischer Minderheiten sowie Schwule, Lesben und Transsexuelle. Ihnen blühe das Gleiche wie Politikern: Lager, Folterung oder Tötung.
«Hoffe, Selenski kann flüchten»
Der ehemalige Chef des Schweizer Nachrichtendienstes, Peter Regli (77), teilt die Sorge um das Leben des ukrainischen Präsidenten. Putin habe oft genug bewiesen, dass er auf Menschenleben keine Rücksicht nimmt. «Es ist möglich, dass Selenski eliminiert wird. Oder, dass man ihn lebend fassen und am Fernsehen vorführen will. Das wäre für die Ukraine moralisch ein Tiefschlag.»
Dass der russische Nachrichtendienst bereits auf der Jagd nach dem Präsidenten und anderen wichtigen ukrainischen Politikern ist, steht für Regli ausser Frage. Schliesslich sei es eines von Putins Zielen, eine eigene Marionettenregierung zu installieren. Dazu muss zuerst verschwinden, wer nicht auf seiner Linie ist. «Der russische Geheimdienst, kennt die Wohnorte der Politiker und die Wohnorte ihrer Familien. Das läuft wie bei der Mafia.»
Ex-Geheimdienstler Regli kann sich gut vorstellen, dass Selenski bereits einen Fluchtplan hat. Denn im Regierungsgebäude in Kiew lasse sich der Präsident nicht endlos lange beschützen: «Vielleicht flüchtet er an die polnische Grenze oder über die Grenze. Dann hätten wir eine ukrainische Exilregierung» Und weiter: «Ich hoffe, er kann rechtzeitig flüchten.» (gf/sac)