Ehemaliger Sowjetchef kritisiert das Verhalten des Westens als «arrogant und selbstgerecht»
Das sagt Gorbatschow zu Russlands Sicht auf die Nato

Zur Invasion selber hat sich Michael Gorbatschow (90) bisher nicht geäussert. Vor kurzem aber sagte der Friedensnobelpreisträger, dass er vom Westen enttäuscht sei. Und er erklärte auch, wie man das Wettrüsten hätte stoppen können.
Publiziert: 25.02.2022 um 10:29 Uhr
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Aktualisiert: 25.02.2022 um 16:18 Uhr
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Michail Gorbatschow im Jahre 2016: Er sorgte vor 30 Jahren für Frieden zwischen Ost und West.
Foto: Getty Images

Es war zu einem grossen Teil Michail Gorbatschow (90) zu verdanken, dass der Kalte Krieg zwischen Ost und West 1989 beendet wurde. Der Staats- und Parteichef der früheren Sowjetunion erkannte, dass das System seines Landes keine Zukunft mehr haben würde.

Für seine Friedensbemühungen wurde er 1990 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. In seiner Heimat aber bezeichneten ihn viele als «Zerstörer des Vaterlands».

Was sagt Gorbatschow zur Invasion von Wladimir Putin (69)? Eine Anfrage von Blick an seine Stiftung in Moskau blieb unbeantwortet.

In einem Interview vor zwei Monaten äusserte es sich jedoch zur wachsenden Krise zwischen Russland und dem Westen. Das Interview führte die russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti zum 30. Jahrestag von Gorbatschows Rücktritt am 25. Dezember 1991. Der Ex-Sowjetchef konnte damals natürlich noch nicht ahnen, dass Putin einen Krieg gegen die Ukraine beginnen wird.

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«Neues Imperium»

Darin kritisiert er den Westen, vor allem die USA. Der Westen sei nach dem Zerfall der Sowjetunion «arrogant und selbstgerecht» aufgetreten. «Sie haben sich zum Sieger im Kalten Krieg erklärt.» Als «Gewinner» habe der Westen entschieden, ein «neues Imperium» aufzubauen. Dies habe zur Erweiterung der Nato geführt.

Und er sagte weiter: «Wie kann man auf gleichberechtigte Beziehungen setzen, wenn die Vereinigten Staaten und der Westen sich in einer solchen Position befinden?» Die Lösung wäre gewesen, wenn Moskau und Washington die Welt gemeinsam aus der Konfrontation und dem nuklearen Wettrüsten geführt hätten.

2017 warnte er davor, dass es wegen des Wettrüstens bald zu einem Weltkrieg kommen könnte.

Warnung vor Massendemonstrationen

Gorbatschows Verhältnis zu Putin ist ambivalent. Anfangs nahm er ihn in Schutz, vor zehn Jahren jedoch wandte er sich von ihm ab. Damals sagte er, die Lage im Land sei «sehr gefährlich». Putin habe viel für das Land geleistet, nun aber habe «er sein Potenzial erschöpft».

«Wenn er sich nicht selbst überwindet und die Dinge, wie sie sind, verändert, dann wird alles auf den Plätzen der Städte enden», sagte Gorbatschow. Und er warnte vor einer Eskalation der Massendemonstrationen gegen den Kreml. (gf)

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