Der Fall des russischen Verteidigungsministers Sergei Schoigu
Vom Putin-Flüsterer zu Russlands Sündenbock

Die russische Armee schwächelt im Ukraine-Krieg. Die Stimmung in Russland heizt sich auf. Besonders einer gerät in die Kritik: Russlands Verteidigungsminister Sergei Schoigu – einst Putins engster Vertrauter.
Publiziert: 08.10.2022 um 03:11 Uhr
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Aktualisiert: 08.10.2022 um 09:29 Uhr
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Sergei Schoigu (r.) und Wladimir Putin (l.) waren enge Freunde. Hier im Jahr 2017 beim Fischen in Sibirien.
Foto: AFP

Russlands Verteidigungsminister Sergei Schoigu (67) und Kremlchef Wladimir Putin (70) waren einst enge Kumpel. Gemeinsam gingen sie oft auf Reisen. So ging es vor fünf Jahren nach Sibirien, zusammen liessen sie sich beim Fischen ablichten, oberkörperfrei und lächelnd.

Doch das gehört der Vergangenheit an. Seit dem Ukraine-Krieg herrscht Eiszeit zwischen den ehemaligen Freunden. Das Verhältnis ist so zerrüttet, dass Russlands Verteidigungsminister Schoigu nicht einmal mehr an Putin berichtet.

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Putin übergeht Verteidigungsministerium

Der Kremlchef soll Kriegsinformationen aus der Ukraine direkt von den Kommandeuren erhalten. Auch soll der Präsident selbst die Kommandeure auf dem Schlachtfeld direkt befehligen.

Putin distanziert sich immer mehr von Schoigu. Die US-Militärexperten vom Institute For The Study Of War (ISW) erklären, dass der Verteidigungsminister als Sündenbock genutzt wird. Das im Zuge der Teilmobilmachung und der Verluste in der Ukraine.

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Kremlchef bügelt Schoigus Fehler aus

So musste Putin sein Dekret zur Mobilmachung anpassen und studierende Russen aus der Militärpflicht nehmen. Er habe die Anpassung laut russischen Medien vorgenommen, weil «das Verteidigungsministerium nicht rechtzeitig Änderungen am rechtlichen Rahmen für die Liste derjenigen vorgenommen hat, die nicht mobilisierungspflichtig sind.»

Damit äussert Putin direkte Kritik am Verteidigungsministerium. Und damit auch an seinem einstigen Kumpel Schoigu, «den Putin anscheinend als Sündenbock für das Scheitern seiner Invasion in der Ukraine einsetzen will.»

Kadyrow schiesst gegen Schoigu

Auch aus Putins Reihen hagelt es Kritik gegen Schoigu. So ätzt der Tschetschenen-Führer Ramzan Kadyrow (46) öffentlich gegen das Verteidigungsministerium. Kadyrow, auch Putins «Bluthund» genannt, teilt letztes Wochenende auf Telegram: «Wegen des Mangels an grundlegender militärischer Logistik haben wir heute mehrere Siedlungen und ein grosses Gebiet aufgegeben.»

Auch der Chef der «Wagner»-Söldner, Jewgeni Prigoschin (61), wettert öffentlich gegen das Verteidigungsministerium. Man scheint sich einig, dass Schoigu Schuld an den Verlusten trage.

Folgt der Rausschmiss des Verteidigungsministers?

Auch aus der widerrechtlich annektierten Region Cherson kommt Kritik. Der Vize-Verwaltungschef Kirill Stremousow (45) greift Schoigu in einer geteilten Videobotschaft massiv an. Er rudert jedoch wieder zurück und sagt, er ziele nicht auf das Verteidigungsministerium ab. Er meine «eine Handvoll unfähiger Kommandeure.»

War es das also bald mit Schoigu als Verteidigungsminister? Ein Absetzen könnte noch dauern. Laut ISW werde Putin den Rauswurf «wahrscheinlich so lange hinauszögern, wie er es für möglich hält, um Schoigu weiterhin für die anhaltenden militärischen Misserfolge verantwortlich zu machen.» (euc)



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