«Putin scherzt nicht, wenn er über Atomwaffen spricht»
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US-Präsident Joe Biden:«Putin scherzt nicht, wenn er über Atomwaffen spricht»

Bisher lagen die USA mit Voraussagen im Ukraine-Krieg meist richtig
Wie wahrscheinlich ist Bidens Atom-«Armageddon»?

Der amerikanische Präsident Joe Biden warnt vor einer Eskalation des Ukraine-Kriegs. Grosse Teile der Welt wären betroffen. USA-Experte Josef Braml schätzt die Lage ein.
Publiziert: 07.10.2022 um 18:55 Uhr
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Aktualisiert: 08.10.2022 um 15:17 Uhr
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US-Präsident Joe Biden bei seinem Auftritt am Donnerstag in New York.
Foto: imago/Pacific Press Agency
Tanja von Arx

Die Nachricht schlägt ein wie eine Bombe. Der amerikanische Präsident Joe Biden (79) warnt am Donnerstag bei einem Auftritt in New York vor einem Atom-«Armageddon», einer globalen Eskalation des Ukraine-Kriegs, die er mit einer endzeitlichen Entscheidungsschlacht gleichstellt. Er vergleicht den Stand der Dinge mit der Kuba-Krise von 1962, einer dramatischen Zuspitzung des Kalten Krieges zwischen den USA und der Sowjetunion.

Biden sagt weiter, er kenne den russischen Präsidenten Wladimir Putin (70) ziemlich gut. Und der Kreml-Chef scherze nicht, wenn er über den möglichen Einsatz von taktischen Atom- sowie Chemie- und Biowaffen spreche, denn das russische Militär schwächele bei den Kampfhandlungen in der Ukraine. Zudem glaube er nicht, dass es möglich sei, einfach taktische Atomwaffen einzusetzen, ohne dass dies zum «Armageddon» führen würde.

Die USA hatten bisher immer Recht

Das Statement lässt aufhorchen, weil die USA in Bezug auf die politischen Spannungen bislang stets Recht behielten. So sagte der amerikanische Geheimdienst den Ukraine-Krieg voraus, konkret warnte er vor dem Angriff der Russen auf das Land. Fast 200'000 Soldaten würden die Ukraine von mehreren Seiten aus angreifen, hiess es im vergangenen Dezember. Und so kam es. In ungewohnter Offenheit hatte das Weisse Haus über Monate Erkenntnisse der Agentinnen und Agenten zu den Plänen publik gemacht. Mit dem Ziel, dem Kreml einen Schritt voraus zu sein.

Trotz Bidens deutlicher Wortwahl: Aktuell befinden wir uns laut USA-Experte und Politikwissenschaftler Josef Braml (54) nach wie vor in der Phase von riskanten Muskelspielen. «Nukleare Abschreckung ist ein gefährliches Spiel, bei dem am Ende alle, allen voran die Europäerinnen und Europäer, verlieren könnten – wenn einer die Nerven verliert», sagt er zu Blick.

Biden ist zu allem bereit

Die US-Sicherheitsdienste nähmen die von Moskau signalisierte Veränderung der Nukleardoktrin sehr ernst: «Bislang beschränkte Russland den Einsatz seiner Nuklearwaffen auf zwei Fälle: Wenn es selbst nuklear angegriffen würde oder wenn das eigene Überleben gefährdet wäre.» Jetzt wolle Moskau auch die Integrität seines Territoriums mit Nuklearwaffen verteidigen. Russland hat zuletzt die vier ukrainischen Provinzen Cherson, Luhansk, Donezk und Saporischschja annektiert. Putin kündigte an, man werde sie mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln verteidigen. Braml: «Dazu gehören aus seiner Sicht neben der Krim auch die östlichen Provinzen der Ukraine.»

Washington nimmt die Drohung laut USA-Experte Braml zwar sehr ernst, lässt sich davon aber nicht abschrecken. «US-Präsident Biden machte klar, dass die USA zu allem bereit wären und mit allen Mitteln selbst Kriegspartei würden, sollte Russland nukleare Waffen gegen die Ukraine einsetzen», sagt der Experte.

Bereits vor einiger Zeit hat Amerika die russische Führung im direkten Kontakt darauf angesprochen. Gleichzeitig wollte sich das Weisse Haus nicht öffentlich dazu äussern, wie die Konsequenzen im Falle einer atomaren Eskalation aussehen könnten. Und die USA halten fest: Bisher habe man «keine konkreten Schritte» Russlands zum Einsatz von Atomwaffen gesehen.

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