Diesen Januar hörte das Herz von Lucile Randon auf zu schlagen. Die Französin starb wenige Tage vor ihrem 119. Geburtstag und war bis dahin der älteste Mensch der Welt. Dass sie so alt wurde, erklärte sie mit ihrem Arbeitseifer. «Die Leute sagen, Arbeit bringt einen um. Aber mich hat die Arbeit am Leben gehalten. Ich habe gearbeitet, bis ich 109 war.»
Doch wieso werden manche Menschen steinalt und andere nicht? Genau das haben Forscher des Boston University und des Tufts Medical Center in den USA untersucht. Sie analysierten die DNA und den Lebensstil von sieben Hundertjährigen (Durchschnittsalter 106), um das Rätsel für ein hohes Alter zu finden.
«Einzigartiges, hochfunktionales Immunsystem»
Die Wissenschaftler untersuchten dafür die Blutzellen der Hundertjährigen und verglichen die Daten mit 52 Personen jüngeren Alters (20-89 Jahre). Dabei stellten die Forscher unter anderem aussergewöhnliche Aktivitäten der Lymphozyten, der T- und B-Zellen fest. Allesamt wichtig für die Immunabwehr.
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«Insgesamt deuten diese Daten darauf hin, dass Hundertjährige über ein einzigartiges, hochfunktionales Immunsystem verfügen, das sich erfolgreich an eine Reihe von Beeinträchtigungen angepasst hat und so eine aussergewöhnliche Langlebigkeit ermöglicht», heisst es in der Studie, die in der Zeitschrift «eBioMedicine» veröffentlicht wurde. Tatsächlich überlebte Lucile Randon selbst im Alter von 117 eine Corona-Infektion. Ihr Immunsystem war intakt. Anders als bei vielen älteren Menschen, deren Abwehrkräfte mit der Zeit nachlassen.
Lebenserwartung steigt immer weiter an
Wieso sich das Immunsystem bei den Hundertjährigen aber anders verhält, ist noch unklar. Die Wissenschaftler wollen genau diesem Phänomen weiter auf die Spur kommen. «Hundertjährige Menschen und ihre aussergewöhnliche Langlebigkeit liefern eine ‹Blaupause› dafür, wie wir ein produktiveres und gesünderes Leben führen können. Wir hoffen, weiterhin alles über die Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten und die Verlängerung der Lebensspanne zu lernen», sagte der Hauptautor George J. Murphy, ausserordentlicher Professor für Medizin an der Boston University.
Überhaupt werden wir immer älter, da sich insbesondere die Medizin enorm weiterentwickelt hat über die Jahre. «Sollte sich die Entwicklung der Sterblichkeit in dieser Weise fortsetzen, werden Männer und Frauen mit Geburtsjahr 2017 gemäss Modell durchschnittlich 91 bzw. 94 Jahre alt», schreibt etwa das Bundesamt für Statistik. Zum Vergleich: Die Lebenserwartung lag bei Männern, die 1876 geboren wurden, noch bei 43 Jahren, bei Frauen bei 47 Jahren. (jmh)