«Daran stirbt niemand»
Deutsche sollen für Frieden frieren – Verzicht auf Russen-Gas gefordert

Um den Krieg in der Ukraine zu beenden, hat ein deutscher Politiker vorgeschlagen, auf das russische Gas zu verzichten. Denn damit finanziert der russische Präsident den Krieg. Die Deutschen müssten halt frieren. Der Vorschlag sorgt für mächtig Wirbel.
Publiziert: 25.03.2022 um 10:05 Uhr
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Minister Peter Hauk, findet, dass die Deutschen ruhig frieren können.
Foto: Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz/KDBusch

Seit mehr als einem Monat führt der russische Präsident Wladimir Putin (69) gegen die Ukraine Krieg. Ein Ende ist nicht in Sicht. Auch, weil Putin bislang genug Geld hat, um weiter Krieg zu führen.

Der ukrainische Staatschef Wolodimir Selenski (44) hat deswegen von der EU bereits mehrfach einen Einfuhrstopp für russisches Gas und Öl sowie Kohle verlangt. Polen und andere osteuropäische Länder drängen ebenfalls darauf. «Solange wir Energie von Russland kaufen, finanzieren wir den Krieg», kritisierte auch die finnische Regierungschefin Sanna Marin (36) in Brüssel.

Auch Baden-Württembergs Landwirtschafts- und Verbraucherschutzminister Peter Hauk (61) plädiert dafür, auf Putins Gas zu verzichten. Der CDU-Politiker sprach das Thema am Mittwoch im Stuttgarter Landtag an. Für ihn ist klar: Die Folgen wären zumutbar. «15 Grad im Winter hält man im Pullover aus. Daran stirbt niemand. Aber anderenorts sterben Menschen», wird Hauk vom «Südkurier» zitiert.

Als Minister braucht man nicht zu frieren

Die Forderung selber ist nicht neu. Dennoch sorgt der 61-Jährige für mächtig Aufsehen. Schliesslich sagte er, dass sich die Deutschen nicht so anstellen sollten. Es sei nicht akzeptabel, dass in der Ukraine Menschen getötet werden, «während wir daneben stehen und sagen: Aber 20, 22 Grad sollten es in der Wohnung schon sein».

Der Vorschlag «Frieren für den Frieden» sei zwar nachvollziehbar, aber «weltfremd», so die Reaktion des Deutschen Mieterbundes Baden-Württemberg. Der Minister vergesse dabei, dass gerade Senioren und Menschen, die sich im Homeoffice befinden, bei einer Temperatur von 15 Grad im Zimmer selbst im Pullover frieren und am Ende gar krank werden könnten.

Auch der Landesvorsitzende Rolf Gassmann (71) äusserte sich kritisch, wie der «Südkurier» weiter berichtet. «Mit einem Ministergehalt oder einer Präsidentenpension kann man sich explodierende Energiekosten leisten und braucht selbst nicht zu frieren.»

Russland liefert weiter Gas

So hitzig die Debatte geführt wird, nach medizinischer Einschätzung spricht nichts gegen eine Raumtemperatur von 15 Grad. Eine Unterkühlung droht nicht. «Wenn man bei 15 Grad Raumtemperatur über einen längeren Zeitraum nicht in Unterwäsche oder Badehose dasitzt, sondern angemessen warm gekleidet ist, halte ich bei einem gesunden Menschen eine Unterkühlung und eine lebensbedrohliche Situation für ausgeschlossen», erklärt Notfallmediziner Daniel Schmitz, Leiter der Notfallmedizin am Freiburger St. Josefs-Krankenhaus, im «Südkurier».

Während über einen möglichen Gas-Stopp diskutiert wird, liefert Russland fleissig weiter. Gemäss den Kundenbestellungen würden am Freitag 105,1 Millionen Kubikmeter durch das Leitungssystem der Ukraine direkt nach Europa gepumpt, sagte der Sprecher des Energieriesen Gazprom, Sergej Kuprijanow, der Agentur Interfax zufolge. Die vertraglich mögliche maximale Auslastung liegt bei 109 Millionen Kubikmetern Gas pro Tag. Die Ukraine bezieht aus dem Transit des russischen Gases für den eigenen Staatshaushalt wichtige Durchleitungsgebühren. (jmh/SDA)

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