Damit Russen ihn nicht töten
Mit diesen Geheim-Massnahmen kam Selenski in die USA

Eine eigens aufgebotene US-Regierungsmaschine, ein Nato-Spionageflugzeug und ein Kampfjet als Eskorte. Diese hochgeheimen Spezialmassnahmen wurden getroffen, um Selenski sicher in die USA zu schaffen.
Publiziert: 22.12.2022 um 11:21 Uhr
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Aktualisiert: 22.12.2022 um 12:47 Uhr
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Am Mittwoch besuchte Wolodimir Selenski den US-Präsidenten Joe Biden in Washington.
Foto: AFP

Einfach in ein Flugzeug zu steigen und sorglos über den Atlantik zu jetten, ist für den Ukraine-Präsidenten Wolodimir Selenski (44) aktuell nicht möglich. Seine Reise zu US-Präsident Joe Biden (80) ins Weisse Haus am Mittwoch war deshalb eine äusserst geheime und sorgfältig geplante Aktion.

Nicht ohne Grund: Selenskis Bewegungen werden von Russland genau überwacht. Eine solche Reise ist deshalb gefährlich.

Es waren also entsprechende Massnahmen nötig. Ein direkter Abflug aus der Ukraine-Hauptstadt Kiew war aus Sicherheitsgründen nicht möglich. Deshalb legte Selenski den ersten Teil seiner geheimen Reise auf dem Landweg zurück. In der Nacht auf Mittwoch fuhr er mit dem Zug nach Polen. Ein Video zeigt ihn zusammen mit der US-Botschafterin in der Ukraine Bridget Brink (52) am Bahnhof in der Stadt Przemysl, unweit der ukrainischen Grenze.

Video zeigt Wolodimir Selenski am Bahnhof in Polen
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Kurz vor Abflug in die USA:Video zeigt Wolodimir Selenski am Bahnhof in Polen

Nato-Flieger kontrollierte Nordsee-Raum

Anschliessend stieg der ukrainische Präsident in einen weissen Geländewagen, um in einem Konvoi zum Flugplatz in Rzeszów weiterzufahren. Beim Abflugort handelt es sich um eines der wichtigsten Militärdrehkreuze. Dort landen US-Waffen, die später in die Ukraine transportiert werden. In Rzeszów wartete eine Boeing C-40 der US-Luftwaffe auf Selenski. Diese war wenige Stunden zuvor in Polen gelandet, nach einem kurzen Flug von der Militärbasis Ramstein in Deutschland.

Um 8.15 Uhr hob der US-Militärtransporter mit Selenski an Bord ab. Wie CNN schreibt, war auch US-Sicherheitspersonal mit dabei. Trotz aller Geheimhaltung wurden Aviatik-Fans auf das Flugzeug aufmerksam. Der Flieger mit der Nummer SAM910 war lange Zeit das meistverfolgte Flugzeug auf Flightradar 24, bevor es, als es bereits über den Atlantik flog, vom Portal verschwand.

Die Boeing C-40 war aber nicht die einzige Maschine in der Luft. Rund eine Stunde bevor Selenski die Nordsee überflog, wurde ein Nato-Spionageflugzeug losgeschickt, um die Gegend zu erkunden. Weil in diesen Gewässern russische U-Boote patrouillieren, schien diese Strecke wohl am gefährlichsten zu sein, schreibt der «Telegraph».

F-15-Kampfjet kam zur Unterstützung

Die Spionage-Boeing war in Deutschland gestartet und begleitete Selenskis Flugzeug auf dem weiteren Weg. Als sich Selenskis Maschine der Nordsee näherte, stieg zusätzlich ein F-15-Kampfflugzeug der US-Luftwaffe in die Luft, das im Rahmen der Begleitmission von einem Luftwaffenstützpunkt in Grossbritannien startete. Der F-15-Jet kehrte zu seinem Stützpunkt im englischen Mildenhall zurück, kurz nachdem Selenskis Flugzeug Schottland überflogen hatte.

Nach 18 Uhr Schweizer Zeit landete SAM910 zusammen mit der Begleit-Boeing auf dem Militärflugplatz Joint Base Andrews in Maryland – rund 20 Kilometer von Washington entfernt.

Nach einer kurzen Erholung traf der ukrainische Präsident auf Joe Biden und dessen Frau Jill Biden (71). Kurz vor 23 Uhr Schweizer Zeit hielten die Staatschefs eine gemeinsame Pressekonferenz ab. Biden lobte Selenski für dessen «unerschütterliches Engagement für die Ukraine» und bestätigte die Lieferung von Patriot-Luftwaffensystem. Danach stand für Selenski die Rede vor dem Kongress auf dem Programm, wo er unter tosendem Applaus empfangen wurde.

«Entgegen aller Widrigkeiten – die Ukraine ist nicht gefallen!»
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Selenski vor US-Kongress:«Entgegen aller Widrigkeiten – die Ukraine ist nicht gefallen!»

Ist er wieder auf dem Weg in die Ukraine?

Auf Telegram teilte Selenski im Anschluss diverse Videos seines Besuchs in den USA. Am Donnerstagmorgen postet er zudem Aufnahmen von ukrainischen Energieinfrastruktur-Mitarbeitern und gratuliert ihnen zum Tag der Energietechniker.

Ob er selbst derzeit noch in den USA oder bereits wieder auf dem Weg in seine kriegsgeplagte Heimat ist, ist nicht bekannt. Auch diese Operation dürfte bis zuletzt unter Verschluss gehalten werden. (man)

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