Es war die wohl wichtigste Rede im Leben des Wolodimir Selenski (44): vor den beiden Kammern des US-Kongresses, mit der Zukunft seines kriegszerstörten Landes auf Messers Schneide. Selenski zeigt sich siegessicher, dankbar – und fordert weitere Hilfen.
Selenski braucht mehr Waffen und mehr Geld. Dabei markiert er ganz den Kriegspräsidenten. Selenski ist, wie bei der Pressekonferenz mit US-Präsident Joe Biden (80) im Weissen Haus, locker gekleidet. Trägt eine weite, grüne Hose mit Seitentaschen und einen militärgrünen Pulli.
Der ukrainische Präsident Wolodomir Selenski hat vor einem Angriff Russlands gegen Verbündete der USA gewarnt. «Es ist nur eine Frage der Zeit, wann sie eure anderen Verbündeten angreifen werden, wenn wir sie jetzt nicht aufhalten», sagte Selenski in seiner Rede. Die Welt sei zu sehr vernetzt, als dass sich irgendjemand sicher fühlen könne, wenn der russische Angriff weiterginge. Selenski betonte, dass das kommende Jahr ein «Wendepunkt» in dem Krieg sein werde. «Ich weiss, dass es der Punkt ist, an dem ukrainischer Mut und amerikanische Entschlossenheit die Zukunft unserer gemeinsamen Freiheit garantieren müssen», sagte er.
Der ukrainische Präsident Wolodomir Selenski hat vor einem Angriff Russlands gegen Verbündete der USA gewarnt. «Es ist nur eine Frage der Zeit, wann sie eure anderen Verbündeten angreifen werden, wenn wir sie jetzt nicht aufhalten», sagte Selenski in seiner Rede. Die Welt sei zu sehr vernetzt, als dass sich irgendjemand sicher fühlen könne, wenn der russische Angriff weiterginge. Selenski betonte, dass das kommende Jahr ein «Wendepunkt» in dem Krieg sein werde. «Ich weiss, dass es der Punkt ist, an dem ukrainischer Mut und amerikanische Entschlossenheit die Zukunft unserer gemeinsamen Freiheit garantieren müssen», sagte er.
Und Selenski wird ein Heldenempfang bereitet. Eine stehende Ovation begrüsst den Kriegspräsidenten mit langem Applaus – zwei Minuten und 19 Sekunden lang. Dann Selenskis Worte: «Wir brauchen Frieden.» Er habe gerade mit Präsident Biden «über unsere Friedensformel und einen möglichen Gipfel gesprochen». Selenski macht Hoffnung auf ein Ende des Leids und der Zerstörung. Seine kurze, rund 10-minütige Rede wird immer wieder von tosendem Applaus unterbrochen.
10-Punkte-Friedensplan
Doch Selenski stellt Bedingungen. Nicht nur gehöre erst die territoriale Integrität der Ukraine wiederhergestellt. «Die Terroristen, die diesen verbrecherischen Krieg begonnen haben, müssen vor Gericht gestellt werden.» Und: «Alle Verluste gehören entschädigt.» Seine Forderungen stellt Selenski in einem 10-Punkte-Friedensplan zusammen – «10 Punkte», so Selenski vor dem US-Kongress, «die für unsere gemeinsame Sicherheit umgesetzt werden sollten und müssen.»
Strahlenschutz und nukleare Sicherheit
Lebensmittelsicherheit
Sicherheit der Energieversorgung
Freiheit für alle Gefangenen und Deportierten
Charta der Vereinten Nationen sichert die territoriale Integrität der Ukraine zu
Rückzug aller russischer Truppen und Einstellung aller Feindseligkeiten
Internationaler Sondergerichtshof zur Untersuchung aller russischer Verbrechen sowie Wiedergutmachungen
Unmittelbarer Schutz der Umwelt
Verhinderung weiterer Eskalationen
Friedensabkommen mit der Bestätigung der Beendigung des Krieges
Schon bei der Pressekonferenz mit Biden wurden Friedenspläne angesprochen. Solche haben sich seit Ausbruch der russischen Kriegsaggressionen in der Ukraine nie konkretisiert. Frühere Gesprächsvorstösse wurden von Moskau sowie Kiew abgeschmettert. Weder die Ukraine noch Russland hat sich in eine Position gebracht, aus der man mit Stärke um ein Friedensabkommen, Grenzziehungen, Entschädigungszahlungen usw. verhandeln könnte.
«Friedensformel»
Auf dem überraschenden Blitzbesuch in den USA hat Selenski jetzt konkreter umrissen, wie er sich einen Friedensplan vorstellen könnte. Vor Journalisten im Weissen Haus sagte Selenski, er schlage einen globalen Friedensgipfel vor. Dabei erwähnte er den Begriff «Friedensformel», den er vor schon wenigen Tagen in einem Video auf dem offiziellen Instagram-Kanal der Ukraine nannte.
Selenski betont in dem Video, dass die Ukraine den Frieden über alles andere stellen wolle. Die Ukraine habe «der Welt eine Friedensformel angeboten. Im Krieg gibt es keine Sieger. Es kann kein Unentschieden geben. Deshalb kündige ich die Initiative an, in diesem Winter einen globalen Friedensformel-Gipfel abzuhalten. Das Gipfeltreffen soll alle Nationen der Welt um die Sache des globalen Friedens vereinen.»
Konkreter wurde Selenski nicht. Auch Biden äusserte sich zunächst nicht näher darüber, was genau er mit Selenski bezüglich einer «Friedensformel» besprochen hat. Und Selenski knüpft einen Friedensgipfel an Bedingungen, die gegenwärtig illusorisch scheinen. Und kapitulieren, so Selenski, werde die Ukraine niemals.
Biden nennt Selenski «offen für Frieden»
Vor den Medien im Weissen Haus erklärte Biden, er wolle die Ukraine in eine gute Position für Friedensverhandlungen bringen. Selenski solle bei der Entscheidung über den Zeitpunkt für Friedensgespräche mit Russland freie Hand gelassen werden. «Jetzt ist die Zeit, in der wir diesen Präsidenten in die Lage versetzen müssen, entscheiden zu können, wie er den Krieg beenden will», sagte Biden. Deshalb gehöre die Ukraine bedingungslos militärisch unterstützt.
Biden nannte Selenski auch bereit, den Friedensdialog zu suchen. «Präsident Selenski», so Biden zu seinem Gast, «Sie haben sehr deutlich gemacht, dass Sie bereit sind, etwas zu erreichen. Lassen Sie es mich anders formulieren. Sie sind offen für Frieden, einen gerechten Frieden.» Selenski antwortete nickend.
Ein Journalist hakte nach, frage Selenski, ob es einen gerechten Frieden geben könne. Selenski antwortete, Kiew gehe es in erster Linie um territoriale Integrität der Ukraine. Zwingend seien auch Reparationszahlungen aus Moskau für die angerichteten Schäden.
Selenski: «Es gibt keinen gerechten Frieden mit Putin»
Allerdings könne es für die Familien, die Väter oder Söhne an der Front verloren hätten, sicherlich keinen gerechten Frieden geben. Und je länger der Krieg andauere, desto mehr könnten bei der Bevölkerung bei weiteren Verlusten Rachegefühle und Revanchegelüste aufkommen.
«Es gibt keinen gerechten Frieden in einem brutalen Krieg, der uns aufgezwungen wurde», so Selenski. «Mit Putin kann es keinen gerechten Frieden geben.» Damit macht der ukrainische Präsident unmissverständlich deutlich, dass Friedensgespräche zum jetzigen Zeitpunkt zu den jetzigen Umständen nicht denkbar sind.
Biden bleibt der Blick in die Zukunft. Die Ukraine «kann mit unserer Hilfe und der Hilfe unserer europäischen Verbündeten und Anderer auf dem Schlachtfeld erfolgreich sein», so der US-Präsident. Wenn Selenski bereit sei, mit den Russen zu sprechen, werde er in den Verhandlungen erfolgreich sein können, weil er auf dem Schlachtfeld gewonnen habe.