In einem Monat von 9000 auf 218 Neu-Infektionen
Das hat der Lockdown in Israel gebracht

Von der Einwohnerzahl her ist Israel vergleichbar mit der Schweiz. Das Land verzeichnete vor einem Monat täglich um die 9000 Corona-Neuinfektionen. Ein strikter Lockdown zeigt Wirkung: Am Sonntag waren es noch 218.
Publiziert: 31.10.2020 um 18:20 Uhr
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Aktualisiert: 19.11.2020 um 20:44 Uhr
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Der Felsendom in Jerusalem: Auch Synagogen, Moscheen und Kirchen mussten wegen des Lockdowns schliessen.
Foto: keystone-sda.ch

Vor einem Monat stand Israel da, wo die Schweiz heute steht. Die Gesundheitsbehörden des Landes vermeldeten tägliche Neuinfektionen von über 9000. Die Reaktion auf den Corona-Horror war kompromisslos: Lockdown!

Die israelische Regierung legte das öffentliche Leben zum zweiten Mal seit Beginn der Epidemie still. Restaurants, Bars und sämtliche Schulen wurden geschlossen. Das galt auch für Synagogen, Moscheen und Kirchen. Nur lebensnotwendige Geschäfte wie Supermärkte, Apotheken oder Banken durften geöffnet bleiben.

Bewegungsradius: 1000 Meter

Der Bewegungsradius der Menschen wurde drastisch eingeschränkt: Vom 18. September bis zum 18. Oktober durften sich die Einwohner maximal 1000 Meter von ihrem Wohnsitz entfernen.

Israel hat ähnlich viele Einwohner wie die Schweiz, etwas über neun Millionen. Die Zahlen lassen sich deshalb gut vergleichen. Die Gesamtzahl der Todesopfer im Zusammenhang mit Covid-19 liegt in Israel etwas mehr als einen Monat nach dem Lockdown bei etwa 2500. In der Schweiz, wo obligatorische Schulen, Läden und eingeschränkt auch Restaurants und Bars weiterhin geöffnet sind, wurde am Freitag hinsichtlich der Todesopfer soeben die 2000er-Grenze überschritten.

Jetzt wird stufenweise gelockert

Israel schaffte es mit der Ausgangssperre innerhalb eines Monats, die Zahl der Neuinfektionen von täglich rund 9000 bis auf 218 am Sonntag zu senken. Inzwischen plant die Regierung bereits die zweite Welle von Lockerungen. Die Grundschulen sollen unter Einschränkungen ab sofort wieder geöffnet werden. Für die Kinder gilt eine durchgängige Maskenpflicht im Unterricht und in den Pausen.

Auch Ferienwohnungen sowie Coiffeur- und Kosmetiksalons dürfen wieder geöffnet werden, Fahrunterricht ist ebenfalls wieder erlaubt. In Gebetshäusern können sich bis zu zehn Menschen versammeln und draussen bis zu 20. Erbitterung gab es unter Strassenhändlern, weil deren Geschäfte voraussichtlich erst in einer Woche geöffnet werden.

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ist vom Erfolg der Ausgangssperre überzeugt: «Wir haben einen Lockdown beschlossen, und die Zahlen sind schnell gesunken.»

Wirtschaft hat stark gelitten

Doch die israelische Wirtschaft hat erwartungsgemäss stark unter der Massnahme gelitten. Die Arbeitslosenquote stieg im September von 12 auf 19 Prozent, unzählige Kleinbetriebe stehen vor dem Ruin.

Ob ein derart radikaler Lockdown nötig war, ist in Israel umstritten. Denn, obwohl der Lockdown im Herbst von der Bevölkerung weniger konsequent umgesetzt wurde als im Frühling, war er effektiver und hat schneller gewirkt, wie Eran Segal, Experte für Genetik und künstliche Intelligenz am Weizmann-Institut in Rehovot, erklärt. Segal: «Zumindest funktionieren Lockdowns in Israel – zweite Lockdowns funktionieren sogar noch besser.» Die Gründe für das bessere Abschneiden im Herbst sind unklar. (noo/gf)

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