Die Europäische Union (EU) befindet sich in einem desolaten Zustand. Einigkeit unter den Mitgliedsländern? Fehlanzeige. Vor allem osteuropäische Länder zeigen sich als chronische Querschläger. Und während die EU erfolglos versucht, die Differenzen zu überbrücken, wächst sie weiter.
Die Warteschlange ist lang genug – und voller weiterer Problem-Staaten. Die Ukraine, die in einen Krieg mit Russland verwickelt ist. Die Republik Moldau, die ebenfalls Angst vor Russland hat. Oder Bosnien und Herzegowina, das als äusserst instabil gilt. Sie alle erhoffen sich einen baldigen EU-Beitritt. Die Europäische Union kennt die Probleme. Drei Punkte, die deshalb gegen eine Erweiterung sprechen. Und einer, der dafür spricht.
Ein Rückblick in die Vergangenheit: Lehren aus Beispielen
Einmal im Club hat die EU kaum mehr Hebel, um zu reagieren, wenn ein Land gegen die Spielregeln verstösst. Beispiele gefällig? Ungarn und Polen – beide Mitglieder seit 2004 – schaffen seit Jahren Schritt für Schritt Menschenrechte, Pressefreiheit und die Demokratie im Land ab.
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Rausschmeissen kann die EU solche Länder nicht. Stattdessen friert die EU Gelder ein, die für sie bestimmt wären. Was im Falle von Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orbán (60) dazu führt, sich noch stärker gegen die europäische Führung in Brüssel aufzulehnen. Neustes Beispiel: Am Freitag kündigte Langzeit-Staatsführer und Putin-Freund Orbán an, dass er gegen einen Beitritt der Ukraine in die EU ist. Kategorisch. Die Ironie: Hier hat er gar nicht unrecht. Was uns zum zweiten Punkt bringt:
Die Beitrittskandidaten: Noch nicht bereit für die EU
Das Beispiel des Kriegslands Ukraine zeigt das exemplarisch: Die Ukraine, geplagt von Korruption und Krieg, steht vor enormen Herausforderungen. Transparency International stufte das Land 2021 als das zweitkorrupteste in Europa ein. Die Aufnahme solch eines Staates könnte den demokratischen Grundwerten der Union widersprechen.
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (45) hat zwar angekündigt, das Problem anzugehen – doch kann das zum aktuellen Zeitpunkt überhaupt vollbracht werden?
Und auch wenn er es schafft, den Machtapparat zu säubern, bleibt eine grosse Hürde bestehen. Denn die Bedingung ist klar: Alle 27 Mitgliedsstaaten müssen zustimmen – vom 83-Millionen-Einwohnerstaat Deutschland bis zum 500'000-Seelen-Inselstaat Malta.
Zu viele Köche in der EU-Küche: Ein Rezept für Unstimmigkeiten?
Der deutsche Politikwissenschaftler Dirk Jörke (52) erklärt in seinem Buch «Die Grösse der Demokratie»: «Zu unterschiedlich sind die jeweiligen historischen Erfahrungen, politischen Kulturen und Mentalitäten, als dass etwas Gemeinsames entstehen könnte.» Die Konsequenz daraus: Statt gemeinsam den Kontinent zu einem besseren Ort für alle zu machen, zanken sich die Mitgliedsstaaten nur.
Das zeigt sich nicht nur an diversen Klimafragen, über welche die EU seit Jahren streitet. Auch beim Umgang mit Flüchtlingen kommen die Mitglieder auf keinen gemeinsamen Nenner. Und auch wenn es um das Aus von Verbrennermotoren bei Autos geht, stossen sich die Spitzenpolitiker die Köpfe. Und je grösser – je vielfältiger – die EU wird, desto unwahrscheinlicher sind gemeinsame Lösungen.
Warum die EU trotz allem weiterwachsen will
Die Beitritte weiterer osteuropäischer Länder ist vor allem eins: Symbolpolitik. Die EU möchte gegenüber Widersachern – allen voran Russland – beweisen, dass sich immer mehr Staaten gen Westen wenden.
Ein potenzieller EU-Beitritt der Ukraine und der Republik Moldau, mit denen bald Verhandlungen starten, könnte daher als ein wichtiges Signal dienen. Doch bleibt die Frage im Raum: Können die Mitgliedsstaaten der EU ihre Differenzen beiseitelegen und für einmal gemeinsame Sache machen?