Mehrere Länder haben ihre Staatsangehörigen am Sonntag aus dem Sudan evakuiert. Ob Schweizer auch gerettet werden, blieb lange unklar. Nun folgt die Erleichterung: Zwölf Schweizer sind evakuiert worden.
Am Sonntagabend hat das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) auf Twitter mitgeteilt, dass die Schweizer Botschaft in Khartum aus Sicherheitsgründen geschlossen worden sei. Demnach seien die Mitarbeitenden und ihre Familien evakuiert worden. Dies sei «dank der Zusammenarbeit mit unseren Partnern, insbesondere Frankreich» möglich gewesen. Aussenminister Ignazio Cassis (62) bedankte sich auf Twitter für die Unterstützung Frankreichs.
Noch mehr Schweizer im Sudan
Auf Blick-Anfrage wird das EDA ausführlicher: Sieben Botschaftsangestellte und fünf Begleitpersonen seien gerettet worden. «Sie sind wohlauf.» Zwei Personen befinden sich auf dem Weg nach Äthiopien, der Rest konnte dank der Unterstützung durch Frankreich nach Dschibuti evakuiert werden.
Man arbeite weiterhin daran, den Schweizern im Sudan so gut wie möglich zu helfen. Aber: «Die Schweiz selbst führt keine organisierte Ausreise für Schweizer Staatsangehörige im Sudan durch, arbeitet aber in diesem Bereich wo immer möglich eng mit Drittstaaten und Partnern zusammen.» Gemäss EDA befinden sich rund 100 Schweizerinnen und Schweizer im Sudan.
Auch Italien rettet Schweizer
Am Sonntagnachmittag kündigte der italienische Aussenminister Antonio Tajani (69) die Evakuierung mehrerer Schweizer aus dem afrikanischen Kriegsland an. Das italienische Militär werde rund 200 Zivilisten aus dem Land bringen, darunter auch Schweizer, sagte er.
Ein erster Evakuierungsflug des italienischen Militärs ist am Sonntagabend aus der sudanesischen Stadt Khartum gestartet. Ob sich auch Schweizerinnen und Schweizer an Bord befanden, war zunächst unklar.
Die Nachrichtenagentur Ansa berichtete lediglich, die Maschine des Typs C130 bringe den Grossteil der zu evakuierenden italienischen Staatsangehörigen sowie einige Bürgerinnen und Bürger anderer Staaten nach Dschibuti.
Zwei Transportflugzeuge im Einsatz
Für die Evakuierung hat Italien zwei Transportflugzeuge des Typs C-130 genutzt. Die Flieger starteten am Nachmittag vom ostafrikanischen Land Dschibuti aus Richtung Khartum.
Mehr zur Lage im Sudan
Am Sonntagnachmittag startete auch der Evakuierungseinsatz der deutschen Bundeswehr. Ziel des mit Deutschlands Partnern koordinierten Einsatzes sei es, «so viele deutsche Staatsangehörige wie möglich aus Khartum auszufliegen», schrieb das Bundesverteidigungsministerium am Sonntag auf Twitter. Im Rahmen der Möglichkeiten würden auch Bürger aus anderen EU-Ländern und weiteren Staaten mitgenommen.
Über 400 Tote
Vor rund einer Woche waren im Sudan Kämpfe zwischen den zwei mächtigsten Generälen des Landes und ihren Einheiten ausgebrochen. Beide hatten das Land mit rund 46 Millionen Einwohnern seit einem gemeinsamen Militärcoup im Jahr 2021 geführt.
Nun kämpft De-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan (63), der auch Oberbefehlshaber der Armee ist, mit dem Militär gegen seinen Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo (48), den Anführer der mächtigen paramilitärischen Gruppe Rapid Support Forces. Eigentlich hätte Daglos Gruppe der Armee unterstellt und die Macht im Land wieder an eine zivile Regierung übertragen werden sollen.
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation starben seit Beginn der Kämpfe mindestens 413 Menschen, mehr als 3500 wurden verletzt. Die tatsächliche Opferzahl ist vermutlich weitaus höher.
Für viele Sudanesinnen und Sudanesen ist die Lage dramatisch. Ohne Strom oder fliessendes Wasser verschanzen sie sich in ihren Häusern, während um sie herum Bomben und Schüsse fallen. Essensvorräte schrumpfen. Wer sich – oft unter Lebensgefahr – auf die Suche nach Nahrungsmitteln begibt, hat wenig Erfolg. Statt Marktständen säumen Leichen die menschenleeren Strassen der Hauptstadt Khartum. Seit Beginn der Kämpfe sind die Geschäfte geschlossen. Die Gefahr ins Kreuzfeuer der Konfliktparteien zu geraten ist gross; in Fenstern von Wohnhäusern lauern Heckenschützen.
Besonders für Verletzte und Kranke ist die Lage prekär. Nur 35 Krankenhäuser und Kliniken seien in dem Land mit 46 Millionen Einwohnern noch funktionstüchtig, berichtete das sudanesische Ärztekomitee. Und selbst diesen gehen die Medikamente aus. Nach Angaben von Ärzte ohne Grenzen gibt es kaum noch Blutkonserven im Land. (SDA/bab)