Britin hat seltene Krankheit
Ein blosses Lachen kann sie töten

Natasha Coates ist 27 und war schon über 500 Mal im Spital. Der Grund dafür ist eine seltene Krankheit, die in praktisch jeder Lebenssituation schwere allergische Reaktionen hervorrufen kann.
Publiziert: 05.07.2022 um 16:13 Uhr
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Aktualisiert: 05.07.2022 um 18:17 Uhr
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«Ich reagiere allergisch auf starke Emotionen»: Natasha Coates aus Nottingham in Grossbritannien.
Foto: Instagram/@natashacoatesgb

Beim Ausgehen mit Freunden, im Training, ja sogar im Schlaf. Natasha Coates (27) aus dem britischen Nottingham kann praktisch jederzeit einen anaphylaktischen Schock haben. Dabei wird der körpereigene Botenstoff Histamin in sehr grossen Mengen freigesetzt, was schwere allergische Reaktionen mit lebensbedrohlichen Folgen hervorruft.

Coates leidet am sogenannten Mastzellenaktivierungssyndrom. Wegen der seltenen Krankheit musste sie schon über 500 Mal ins Spital eingeliefert werden. Die bange Frage: Wann ist es das letzte Mal?

Sie fühle sich wie «eine tickende Zeitbombe», sagt Coates zum «Mirror». Ihre eigene Beerdigung habe sie bereits mit 20 geplant. Dies habe ihr geholfen, die Kontrolle ein Stück weit zurückzuerlangen. Jetzt wisse sie, dass man einen Beyoncé-Song spielen werde.

Mit 18 wurde es richtig schlimm

Die Mastzellen in Coates' Körper sind überempfindlich. Eigentlich helfen diese Zellen dabei, Krankheitserreger abzuwehren. Doch durch die Hypersensibilität setzen sie auch schon bei kleinsten körperlichen Veränderungen grosse Mengen an Histamin frei.

«Als Reaktion auf einen kleinen Angriff – wie einen Brennnesselstich oder eine Lebensmittelunverträglichkeit – setzen sie zu viele chemische Stoffe frei», erklärt die 27-Jährige. «Mein Körper tut dies sogar spontan: Er setzt die Chemikalien ohne Grund frei. Ich bin also gegen alles und nichts allergisch, und das alles zur gleichen Zeit.»

Dass etwas nicht stimmt, merkte Coates schon in jüngeren Jahren. Sie wurde häufig krank und reagierte ungewöhnlich auf verschiedene Lebensmittel. Sie nahm anfänglich an, sie sei einfach nur empfindlich. Doch dann erlitt sie mit 18 auf einer grossen Veranstaltung ihren ersten anaphylaktischen Schock. «Danach hatte ich acht Reaktionen in zwei Wochen, die mich wieder in die Notaufnahme brachten.»

«Essen ist wie russisches Roulette»

Die Ärzte waren anfänglich ratlos. «Ich reagiere allergisch auf starke Emotionen. Jede Veränderung des Status quo in meinem Körper – ob ich lache, weine, traurig oder gestresst bin – kann eine chemische Reaktion auslösen.» Coates reagiert zudem allergisch auf Körpersprays, Reinigungsmittel und Duftkerzen.

«Essen ist immer noch ein bisschen wie russisches Roulette», sagt sie. «Ein Lebensmittel, das heute noch in Ordnung ist, kann morgen eine allergische Reaktion hervorrufen.» Bis Coates die Diagnose hatte, dauerte es zwei Jahre.

Die Britin hat inzwischen gelernt, mit der Krankheit zu leben. Familie und Freunde wissen, was sie tun müssen, wenn sie einen anaphylaktischen Schock erleidet. Trotzdem: «Wenn man mit Freunden ausgeht und einen kriegt, nur weil man zu viel gelacht hat, ist das ein herber Dämpfer für diesen Abend.» Genau das sei ihr jedoch bereits passiert.

Das Turnen ist ihre Leidenschaft

«Wenn ich merke, dass es anfängt, rege ich mich auf, muss dies jedoch unterdrücken, weil ich sonst eine noch schlimmere Reaktion bekomme – es ist ein Teufelskreis.» Coates nimmt Medikamente und hat ein System installiert, mit dem sie über ihre Uhr Alarm schlagen kann. Unlängst ist sie sogar aus dem Elternhaus ausgezogen.

Coates ist zudem Mitglied der britischen Behindertengymnastik. «Das Turnen hat mir das Leben gerettet – nicht nur die körperliche Fitness, sondern auch die mentale.» Zwar ist auch Sport treiben nicht ganz risikofrei für die Britin. «Auch beim Schwitzen kann ich reagieren. Aber ich lebe schon so lange damit, dass ich weiss, wie weit ich gehen kann.»

Das Turnen gebe ihr viel mehr, als es ihr wegnehme. «Die allergischen Reaktionen treten sowieso auf – auch wenn ich zu Hause sitze und nichts tue», sagt Coates. «Also kann ich genauso gut draussen sein und mein Leben leben.» (noo)

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