Dass sich Staaten wie China, Syrien, Nordkorea oder Belarus nicht an die Sanktionen gegenüber Russland halten, ist nicht überraschend. Dass nun aber Brasilien mit Moskau sogar einen Deal eingehen will, lässt aufhorchen.
Brasilien ist dabei, mit Russland neue Geschäfte über den Kauf von Diesel zum Tiefstpreis abzuschliessen. Präsident Jair Bolsonaro (67) stellte in Aussicht, dass der Kraftstoff in zwei Monaten in Brasilien ankommen werde. Aussenminister Carlos Alberto França (58) ergänzte, dass sein Land «so viel, wie wir können» kaufen wolle. Auch Dünger aus Russland wurde bestellt.
Bolsonaro hält die vom Westen verhängten Sanktionen für verfehlt. Er verfolge eine Politik des «Gleichgewichts». «Die wirtschaftlichen Schranken der Vereinigten Staaten und Europas gegen Russland haben nicht funktioniert», sagte er. Er wiederholte die Worte des russischen Präsidenten Wladimir Putin (69), der das Gleiche gesagt hatte.
Er will Brasilien in Stellung bringen
Dass Bolsonaro mit Putin zusammenspannt, hat verschiedene Gründe. Russland-Experte Ulrich Schmid (56) von der Uni St. Gallen erklärt: «Bolsonaro hat sich international isoliert wegen des fahrlässigen Umgangs mit Covid und wegen seiner Umweltpolitik.»
Der brasilianische Präsident bewundere Putins autoritäre Führung, sagt Schmid. «Er glaubt, dass er vom Sanktionsregime profitieren und Brasilien als bevorzugten Handelspartner in Stellung bringen kann.»
Aus russischer Sicht seien die brasilianischen Avancen willkommen, sagt Schmid weiter. «Allerdings weiss man, dass Bolsonaro eine lahme Ente ist.»
Hunderte von Drohnen aus Iran
Engere Bande zu Russland haben auch weitere Länder geknüpft. Indien importiert 50 Mal mehr Rohöl als noch vor dem Krieg. In Zukunft soll der Handel mit Landwirtschaftsgütern, Dünger und Pharmaprodukten gefördert werden. Der Iran will Moskau Hunderte von Drohnen für den Angriffskrieg in der Ukraine liefern.
Weil Sri Lanka und Laos vor der Staatspleite stehen, haben auch diese Länder in Moskau angeklopft. Sri Lanka hat um Kredithilfe für den Import von Treibstoff sowie um Wiederaufnahme der im Juni eingestellten Flugverbindungen zwischen beiden Ländern ersucht. Auch Laos hofft auf rettende Öllieferungen aus Moskau.
Europa leidet wegen der Sanktionen unter Energieknappheit
Putin dürfte sich ins Fäustchen lachen: Während ihm der exportierte Treibstoff aus neuen Märkten Geld in die Kasse spült, leidet Europa wegen der Sanktionen unter einer Energieknappheit.
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Er wird es nicht verpassen, in bittstellenden Ländern seinen Einfluss auszubauen. Schmid: «Putin könnte seine starke Stellung als billiger Erdöllieferant ausnützen, indem er sich ein neues Netzwerk von Partnern mit einer antiamerikanischen und antiwestlichen Agenda aufbaut. Damit will er Russland zu einer neuen globalen Führungsmacht machen.»