Mit der Bergung des gesunkenen Hausboots aus 15 Metern Tiefe, tauchen am Mittwoch neue, herzzerreissende, aber auch mysteriöse Einzelheiten auf. Am Pfingstsonntag war ein gechartertes Hausboot auf der italienischen Seite des Lago Maggiore in einen heftigen Hagel- und Gewittersturm geraten und gekentert. Vier der 24 Menschen an Bord ertranken. Jetzt muss die Staatsanwaltschaft klären, wie es zu dieser Tragödie kommen konnte.
Im Visier steht Claudio C.*(60), der Bootsbesitzer und Kapitän. War sein Boot nur für maximal 15 Personen zugelassen und somit überlastet? Hatte der Bootsführer möglicherweise die Wettervorhersage nicht ernst genug genommen? Und wusste er von der geheimnisvollen «Geburtstagsgesellschaft»?
Die Russin Anna B. hatte Angst zu sterben
Mit der Bergung der Leichen werden auch die Namen der Toten bekannt. Es sind die Italiener Claudio A.* (†62) und Tiziana B.* (†53) sowie der Israeli Shimoni E.* (†54). Alle drei waren Geheimagenten. Auch die Ehefrau des Kapitäns stirbt, eine gebürtige Russin. Am Tag nach dem Drama werden zehn der Überlebenden mit einer Militärmaschine nach Tel Aviv ausgeflogen, berichtet La Repubblica. Mit an Bord offenbar auch der Leichnam von Shimoni E., ein ehemaliger Mitarbeiter des israelischen Geheimdienstes Mossad.
Der Kapitän hat an jenem verhängnisvollen Abend alles verloren. Seine Frau Anna B.* (†50), das Boot, auf dem die beiden lebten, seine Existenz. «Innerhalb von nur 30 Sekunden drehte sich das Boot um die eigene Achse», erzählt Claudio C. einem anderen Freund nach dem Drama, «ich dachte, ich sei in der Falle, kam aber dann doch wieder an die Wasseroberfläche.» Seine Anna jedoch habe es nicht geschafft. Von diesen Aussagen berichtet Varesenews.
Anna B. konnte nicht schwimmen. Als der Unwetter aufzog, hatte sie noch mit ihrer Schwester telefoniert, die in Sesto Calende (I) an Land geblieben war. «Ich habe Angst zu sterben», so die letzten Worte von Anna B., «ich kann nur noch beten». Dann brach die Leitung ab. Die Schwester hat Anna B. fortan nicht mehr erreicht.
Staatsanwaltschaft ermittelt wegen fahrlässiger Tötung
Angesicht der aufziehenden dunklen Wolken habe der Kapitän noch bei der Wetterstation nachgefragt und es sei ihm versichert worden, dass das gute Wetter noch eine Weile halten würde. Eine trügerische Prognose. Denn kurz danach brach ein Hagelsturm los, gefolgt von heftigen Regengüssen.
Claudio C. würde die ganze Zeit weinen, berichtet der beste Freund weiter gegenüber Varesenews. Er habe Zuflucht bei einer Freundin gefunden. «Er nimmt Beruhigungsmittel», erzählt der Unternehmer weiter. Was noch auf den Unglückskapitän zukommt, werden die Ermittlungen zeigen. Zurzeit wirft ihm die Staatsanwaltschaft fahrlässige Tötung und Verursachung eines Schiffsunglücks vor.
*Namen bekannt