Notdürftig gewaschen, verpackt, als neu verkauft. US-Geschäftsleute haben unwissentlich Millionen gebrauchte Einweg-Plastikhandschuhe aus Thailand importiert. Viele davon dürften in Spitälern oder bei Verarbeitern von Lebensmitteln gelandet sein. Wie CNN berichtet, schlugen zwei Geschäftsmänner im Februar und März 2021 bei der Food and Drug Administration (FDA) und bei der US-Zollbehörde Alarm.
Doch dies änderte vorerst nichts. Die betreffende Firma in Thailand, Paddy the Room, lieferte weitere 28 Schiffscontainer mit total 80 Millionen Handschuhen in die USA. Erst rund fünf Monate später im August sandte die FDA eine Warnung an die Mitarbeiter in den Häfen, sämtliche Sendungen von Paddy the Room seien zu beschlagnahmen.
Einfuhrbestimmungen sind wegen Corona ausgesetzt
Tarek Kirschen aus Miami ist einer der betroffenen Importeure. Er habe die Handschuhe zuerst weiterverkauft, ohne sie zu kontrollieren, sagt er. Dann habe er plötzlich wütende Anrufe von seinen Kunden bekommen. Die zweite Lieferung aus Thailand habe er dann persönlich kontrolliert. Manche der Handschuhe waren löchrig. «Ich traute meinen Augen nicht. Das waren gebrauchte Handschuhe. Manche waren dreckig, auf manchen waren Blutflecken. Auf manchen standen Daten, die zwei Jahre her sind.» Kirschen erstattete den betroffenen Kunden das Geld zurück.
Der Kampf gegen illegalen Handel mit medizinischen Handschuhen wird dem Bericht zufolge dadurch erschwert, dass die Einfuhrbestimmungen für medizinische Schutzausrüstung wegen der Corona-Pandemie in den USA ausgesetzt sind. Die FDA erklärt, sie könne sich nicht zu einzelnen Fällen äussern, habe aber «eine Reihe von Massnahmen ergriffen, um diejenigen, die nicht zugelassene Produkte verkaufen, ausfindig zu machen und zu stoppen».
Betreiber der Fabrik versteckt sich in Hongkong
Die thailändischen Behörden wurden bereits im vergangenen Dezember erstmals aktiv. Die Polizei führte in der «Produktionsstätte» von Paddy the Room eine Razzia durch und verhaftete den Besitzer der Lagerhalle. Dem Mieter konnten die thailändische Behörden jedoch nichts anhaben – dieser wohnt in Hongkong.
Die Ermittler fanden in der Lagerhalle zahlreiche Abfallsäcke voller gebrauchter Plastikhandschuhe. In dem Betrieb hatten Arbeiter aus dem Ausland die Handschuhe gewaschen, mit Lebensmittelfarbe neu eingefärbt und in gefälschte Packungen legitimer Hersteller gesteckt. Nach der Razzia sei der Betrieb laut den thailändischen Behörden einfach an einen neuen Ort gezogen. Offenbar existieren in Thailand zudem zahlreiche weitere Fabriken mit dem gleichen Businessmodell: In den letzten zehn Monaten haben die thailändischen Behörden mehr als zehn Razzien in solchen Fabrikhallen durchgeführt.
Nitril-Handschuhe seien «derzeit die gefährlichste Ware auf der Welt», sagt Branchenkenner Douglas Stein, der selbst seit Jahrzehnten medizinische Schutzausrüstung in die USA importiert. Es gebe «einen endlosen Strom schmutziger, gebrauchter und minderwertiger Handschuhe, die in die USA gelangen». Stein schätzt, dass mit der Betrugsmasche Milliarden von Dollar erwirtschaftet werden. Das «enorme Ausmass» hätten die Bundesbehörde erst jetzt begriffen. (noo)