Auf einen Blick
- Sotheby's versteigert älteste in Stein gemeisselte Inschrift der Zehn Gebote
- Stein diente jahrzehntelang als Pflasterstein, bevor seine Bedeutung erkannt wurde
- Marmorplatte wiegt 52 kg, ist 60 cm hoch und Millionen wert
Der Stein ist 52 Kilogramm schwer, 60 Zentimeter hoch und soll bis zu zwei Millionen Dollar (fast 1,8 Millionen Franken) wert sein: Am Mittwoch versteigert das Auktionshaus Sotheby's die weisse Marmorplatte, auf der die älteste bekannte in Stein gemeisselte Inschrift der Zehn Gebote zu lesen ist. Vor etwa 1500 Jahren hat jemand dort in Althebräisch die für das Judentum und Christentum grundlegenden Gebote Gottes eingeritzt.
Entdeckt wurde der Stein 1913 bei Bauarbeiten für eine Zugstrecke an der Südküste des heutigen Israel, in einer Gegend, in der frühe Kirchen und Synagogen errichtet wurden. Allerdings war den Findern die Kostbarkeit des Steins nicht bewusst. Die Marmorplatte fand Verwendung als Pflasterstein und landete an einem Hauseingang – mit der beschrifteten Seite nach oben.
Ein Gebot fehlt
Drei Jahrzehnte lang konnten Passanten über die Zehn Gebote spazieren, bis der Stein 1943 an einen Wissenschaftler verkauft wurde. Der Mann hatte erkannt, dass es sich bei der Inschrift auf dem Pflasterstein um den Dekalog handelte, der früher in einer Synagoge oder auch in einem Privathaus angebracht gewesen sein könnte. Diese Gebäude wurden entweder zwischen 400 und 600 nach Christus von den Römern oder im 11. Jahrhundert von den Kreuzrittern zerstört.
Die 20 in den Stein eingravierten Zeilen entsprechen den biblischen Versen im zweiten Buch Mose, allerdings enthält die Tafel nur neun der in der Bibel aufgelisteten Gebote, das dritte, «Du sollst den Namen des Herren, deines Gottes, nicht missbrauchen», wurde weggelassen. Stattdessen enthält der Stein das Gebot, auf dem Berg Garizim im heutigen Westjordanland zu beten, der den Samaritern heilig war.
«Eine Reise durch die Jahrtausende»
Der Stein stelle für heutige Menschen eine Verbindung zu den Glaubensvorstellungen her, «welche die westliche Zivilisation geprägt haben», erklärte Richard Austin von Sotheby's. «Die Begegnung mit diesem gemeinsamen Kulturgut ist wie eine Reise durch die Jahrtausende.»
Im vergangenen Jahr versteigerte das Auktionshaus eine mehr als 1000 Jahre alte hebräische Bibel für einen Rekordpreis von umgerechnet 35 Millionen Euro (32,92 Millionen Franken). Der sogenannte Codex Sassoon aus dem späten neunten oder frühen zehnten Jahrhundert war das teuerste handschriftliche Werk, das jemals versteigert wurde.