Nawalnaja ruft zur Nichtanerkennung Putins auf
Die Witwe des in Haft gestorbenen Kremlgegners Alexei Nawalny hat dazu aufgerufen, die Wiederwahl des russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht anzuerkennen. «Putin ist nicht unser Präsident», sagte Julia Nawalnaja in einem am Dienstag veröffentlichten Video zum Ausgang der von massiven Manipulationsvorwürfen überschatteten Wahl vom Sonntag. «Wir werden sicherstellen, dass niemand in der Welt Putin als legitimen Präsidenten anerkennt, dass sich niemand mit ihm an den Verhandlungstisch setzt», sagte die 47-Jährige, die die Oppositionsarbeit ihres Mannes im Exil fortsetzen will.
Die «Putin-Mafia» müsse wie eine Organisation des organisierten Verbrechens bekämpft werden, sagte sie in ihrem an die westlichen Staaten gerichteten Appell. Putins Leute hätten Milliarden gestohlen, um sich grosse Häuser und Jachten zuzulegen. Es werde Geld für Armee und Propaganda ausgegeben, aber nicht dafür, das Leben der Menschen zum Besseren zu wenden.
Der Kreml hatte Nawalnaja, die auch auf EU-Ebene mit Protest gegen Putin auftritt, vorgeworfen, ihre russischen Wurzeln zu verlieren. Sie hatte am Sonntag bei der Präsidentenwahl in der Botschaft in Berlin den Stimmzettel ungültig gemacht, indem sie den Namen ihres am 16. Februar im Straflager gestorbenen Mannes darauf schrieb. Dieser wollte einst selbst russischer Präsident werden.
Die Sprecherin des Moskauer Aussenministeriums, Maria Sacharowa, beklagte am Dienstag, die prowestliche Opposition habe versucht, mit antirussischer Hysterie um die Botschaft in Berlin Stimmung zu machen. «Genau dieser Punkt sollte zum Epizentrum des Hasses und Zorns gegen den russischen Staat werden», schrieb sie bei Telegram. Ziel sei es gewesen, die russischen Wähler an der Botschaft einzuschüchtern. «Aber Putin hat auch dort bei den Wahlen gewonnen», sagte Sacharowa. Sie nannte keine Zahlen.
Putin begrüsst «Heimkehr» annektierter ukrainischer Gebiete
Einen Tag nach seiner Bestätigung im Präsidentenamt für weitere sechs Jahre hat Wladimir Putin in einer Rede seinen Unterstützern gedankt und die «Heimkehr» der von Moskau annektierten ukrainischen Gebiete begrüsst. Die Rückkehr in die Heimat habe sich als «schwieriger, tragischer» erwiesen – «aber wir haben es geschafft, und das ist ein grosses Ereignis in der Geschichte unseres Staates», sagte Putin am Montag anlässlich des zehnjährigen Jahrestages der Annexion der Krim. Er sprach nach einem Popkonzert auf dem Roten Platz in Moskau.
Putin war am Sonntag mit mehr als 87 Prozent der Stimmen in einer vom Westen als unrechtmässig kritisierten dreitägigen Wahl im Amt bestätigt worden. Auch in den von den russischen Streitkräften kontrollierten Teilen der Ukraine wurde abgestimmt.
Die Halbinsel Krim hatte Russland bereits im März 2014 annektiert. Im September 2022 verkündete Moskau die Annexion von vier weiteren Regionen in der Ukraine, die es teilweise besetzt hält: Donezk und Luhansk im Osten sowie Cherson und Saporischschja im Süden.
«Hand in Hand werden wir voranschreiten und das wird uns stärker machen (...) Lang lebe Russland!», sagte Putin vor den Konzertbesuchern. Putin erschien dort in Begleitung der drei Kandidaten, die gegen ihn angetreten waren. Zuvor hatte er diese zu einem Treffen im Kreml eingeladen, bei dem sie ihm alle gratulierten.
Laut Moskau ist die Präsidentschaftswahl vom Wochenende ein Beweis dafür, dass die Russen nach der mehr als zwei Jahre andauernden Offensive in der Ukraine geschlossen hinter Putin stehen.
Exit Polls: Putin hat Wahl in der Schweiz verloren
Wladimir Putin hat die russische Präsidentschaftswahl haushoch verloren, zumindest in der Schweiz. Das zeigen Nachwahlbefragungen (Exit Polls) in Bern und Genf. Das Ergebnis fiel umgekehrt aus zu den von offizieller Seite in Russland behaupteten 87 Prozent Zustimmung.
Nur 16 Prozent wählten in Bern für Putin
In Bern erhielt Putin demnach 16 Prozent der Stimmen, in Genf 20 Prozent. Die meisten Stimmen holte demnach der 40-jährige Wladislaw Dawankow von der Partei Neue Leute, Vizechef der Parlamentskammer Duma. Er war neben Leonid Sluzki und Nikolai Charitonow einer der drei zusätzlich zu Putin zur Wahl zugelassenen Kandidaten.
In Bern erhielt Dawankow 45 Prozent der Stimmen und in Genf 29 Prozent – er überholte also Putin laut Nachwahlbefragung landesweit deutlich. Rund ein Fünftel der Stimmenden machten ihre Wahlzettel unbrauchbar.
In beiden Städten wurden – vor der Botschaft und dem Generalkonsulat – hunderte Russinnen und Russen von Mitgliedern des Vereins Russland der Zukunft/Schweiz und von Freiwilligen befragt. Koordiniert wurde dies von der Organisation Vote Abroad, wie Polina Petuschkowa von Russland der Zukunft/Schweiz der Nachrichtenagentur Keystone-SDA erklärte.
In Bern wurden 582 Personen befragt, in Genf waren es 1157. Das sind rund 58 Prozent der Wähler vor Ort. Laut der russischen Wahlkommission sollen 2971 Stimmzettel an beiden Standorten in den Urnen gelandet sein.
Offizielle Schweizer Zahlen beissen sich mit den Exit Polls
Die Zentrale Wahlkommission der Russischen Föderation in Moskau gibt die exakten Ergebnisse auf ihrer Webseite an. Demnach sollen in Bern 41 Prozent der Wählerinnen und Wähler für Putin gestimmt haben (Im Vergleich zu den 16 Prozent der Exit-Polls-Daten). In Genf sollen es sogar 50 Prozent gewesen sein (Die Nachwahbefragungen kommen auf 20 Prozent). Gegenkandidat Dawankow kommt nur auf 38 Prozent (Bern) respektive 29 Prozent (Genf). Die Zustimmung für Slutski und Charitonow bewegen sich bei 2 Prozent.
Mehr als 16'000 Personen russischer Staatsangehörigkeit leben in der Schweiz.
Weltweit waren am Sonntag tausende Russinnen und Russen zur Mittagszeit zu ihren Botschaften zum Wahl-Protest gegen Putin gegangen. Selbst in Russland brachten Hunderte in verschiedenen Städten ihren Unmut über die Wahlfarce mit Störaktionen zum Ausdruck. Sie waren einem Aufruf von Julia Nawalnaja gefolgt, der Witwe des kürzlich im russischen Gulag zu Tode gekommenen Oppositionellen Alexei Nawalny.
Die Präsidentschaftswahl in Russland galt weder als frei noch als fair. Mehrere Vertreter westlicher Länder bezeichneten sie als Scheinwahl, weil keine Kreml-kritischen und gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine eingestellten Kandidatinnen und Kandidaten zugelassen worden waren. Nicht teilnehmen durften auch Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).
«Das sind Ergebnisse, an die kein normaler Mensch in Russland glauben kann»
Für den im Exil lebenden Kremlkritiker Michail Chodorkowski (60) hat die Wahl in Russland den Protest eines bedeutenden Teils der Gesellschaft gegen Präsident Wladimir Putin (71) gezeigt.
Der frühere Ölunternehmer verwies am Montag auf die vielen Menschen, die einem Aufruf der Opposition gefolgt seien und mittags genau um 12 Uhr gewählt hätten. Schon vorher hätten sich Zehntausende Menschen für Kandidaten bei der Präsidentenwahl engagiert, die dann vom Kreml nicht zugelassen wurden, oder ihre Anteilnahme am Tod des Oppositionsführers Alexei Nawalny (†47) gezeigt. Für die Einwohner der Grossstädte hat sich die psychologische Situation grundlegend geändert, sagte Chodorkowski, der wegen seiner Gegnerschaft zu Putin zehn Jahre im Gefängnis gesessen hat.
Russische Gesellschaft denkt «zutiefst europäisch»
Diesen Menschen würden jetzt vom Kreml Zahlen über angeblich 87 Prozent Zustimmung zu Putin und einer Wahlbeteiligung von 77 Prozent präsentiert. «Das sind Ergebnisse, an die kein normaler Mensch in Russland glauben kann», sagte Chodorkowski in Berlin. Seiner Einschätzung nach habe höchstens jeder zweite Wähler teilgenommen. Putins Wählerschaft in Russland bezifferte er auf 30 bis 40 Prozent. In der Schlange vor der russischen Botschaft in Berlin habe er am Wahlsonntag nur «zehn Prozent verlorene Putinisten» wahrgenommen.
Für die internationale Gemeinschaft sei es wichtig, Putin nach der Scheinwahl nicht mehr als legitim zu betrachten, sagte Chodorkowski. «Je weniger Legitimität Putin hat, desto weniger Möglichkeiten hat er für Mobilisierungsmassnahmen», sagte er mit Blick auf den Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die russische Gesellschaft denke «zutiefst europäisch» und nehme wahr, wie der Kremlchef behandelt werde. «Wenn westliche Staats- und Regierungschefs Putin die Hand schütteln, bedeutet das eine starke Legitimation für ihn», sagte Chodorkowski, der Gast der Denkfabrik Liberale Moderne ist.
Golos: Urnen mit vorab ausgefüllten Stimmzetteln vollgestopft
Wahlbeobachter der unabhängigen russischen Organisation Golos haben bei der Präsidentenwahl nie dagewesene Verstösse beklagt. Es habe sich um eine «Imitation» gehandelt, aber nicht um eine Abstimmung, bei der Wähler ihr Rechte gewahrt sahen, teilte die in Russland verfolgte Organisation am Montag mit.
Kremlchef Wladimir Putin (71) hatte sich 87,3 Prozent der Stimmen für seine fünfte Amtszeit zusprechen lassen ? mehr als je zuvor bei einer russischen Präsidentenwahl. «Wir haben noch nie eine Präsidentenwahl gesehen, die so wenig den Standards der Verfassung entsprochen hat», teilte Golos mit.
Der gesamte Staatsapparat habe auf Propaganda, auf Zwang und Kontrolle der Wähler umgeschaltet. Zudem sei mithilfe von Angstmache und Gewalt eine Kriegszensur eingeführt worden, hiess es weiter in der Mitteilung. Besonders am Sonntag, dem letzten Tag der dreitägigen Abstimmung, hätten Sicherheitskräfte Wähler für das «nicht richtige» Ausfüllen von Stimmzetteln bestraft. Menschen seien auch zum Bruch des Wahlgeheimnisses gezwungen worden. «So etwas hat es bei keiner Wahl vorher gegeben», hiess es.
Urnen mit vorab ausgefüllten Stimmzetteln vollgestopft
Laut Golos taten die Organisatoren ausserdem alles, um eine Beobachtung der Wahl zu verhindern. Unabhängige Beobachter seien nicht in die Wahllokale gelassen worden, und es habe keinen Zugang zu den Aufnahmen der Videoüberwachung gegeben. Bei vergangenen Wahlen waren die im Internet veröffentlichten Videos wichtige Beweise etwa für das verbreitete Vollstopfen von Urnen mit vorab ausgefüllten Stimmzetteln. Es sei für Wähler unmöglich gewesen, einen freien Willen zu bilden und diesen auszudrücken. Deshalb könnten die Ergebnisse auch nicht die Stimmungslage widerspiegeln, hiess es.
Schon vorher sei der in der russischen Verfassung verankerte Schutzmechanismus gegen eine Machtergreifung demontiert worden, hiess es in der Golos-Mitteilung weiter. Putin hatte die Verfassung 2020 ändern lassen, um sich zusätzliche Amtszeiten zu verschaffen. Ursprünglich waren zwei Amtszeiten zulässig, Putin hatte nach deren Ende und einer vierjährigen Pause bereits ab 2012 zwei weitere Perioden lang regiert. Er darf 2030 nach nun gültiger Verfassung zur sechsten und letzten Amtszeit antreten.
Zur Wahl waren diesmal keine Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) eingeladen, deren Bewertung wichtig ist für die internationale Anerkennung eines Ergebnisses. Die zentrale Wahlkommission in Moskau hatte am Montag mitgeteilt, es gebe keine Beschwerden über Verstösse bei der Wahl.
Offizielles Ergebnis: Putin kommt auf 87,3 Prozent
Russlands zentrale Wahlkommission hat Präsident Wladimir Putin (71) mit 87,3 Prozent der Stimmen den Sieg bei der von Manipulationsvorwürfen überschatteten Abstimmung zuerkannt.
«Das ist ein Rekordergebnis», sagte Wahlleiterin Ella Pamfilowa (70) am Montag bei der Vorstellung der vorläufigen Resultate - das offizielle Wahlergebnis soll am Donnerstag präsentiert werden. Auch die Beteiligung liege mit 77,44 Prozent auf dem höchsten Stand überhaupt. Putin ist für die Dauer von sechs Jahren in seine fünfte Amtszeit gewählt. Der 71-Jährige ist seit fast 25 Jahren an der Macht.
Insgesamt hätten fast 76 Millionen Russen für Putin gestimmt. Laut Pamfilowa, die seit 2016 Wahlleiterin ist, ist die hohe Wahlbeteiligung eine Antwort der russischen Bürger auf den angeblichen Druck, der von aussen auf das Land ausgeübt worden sei. Berichten unabhängiger Beobachter zufolge haben aber vor allem staatliche Institutionen und Konzerne massiven Druck auf Angestellte ausgeübt, zur Abstimmung zu gehen.
Pamfilowa bezeichnete die Vorwürfe einer unfreien und unfairen Wahl als «primitives Höhlendenken». Diese Vorurteile würden allein vom Westen geschürt, der den Sieg Putins vorausgesehen habe, aber mit dem Ergebnis nicht einverstanden sei. «Wir sind überzeugt davon, dass unser Land frei ist, mit einem freien Willen und einem hochgebildeten Volk, dass weder Druck von innen noch von aussen duldet», sagte sie.
Putins drei Mitbewerber waren nicht nur alle auf Kremllinie oder unterstützten Putin sogar direkt, sondern galten auch von vornherein als komplett chancenlos. Nach Angaben der Wahlkommission erhielt der Kommunist Nikolai Charitonow (75) etwas mehr als vier Prozent der Stimmen; Wladislaw Dawankow von der liberalen Partei Neue Leute erreichte knapp vier Prozent; der Ultranationalist Leonid Sluzki (56) lag bei rund drei Prozent.
EU kritisiert Putins Scheinwahlen
Die Europäische Union hat der Wahl in Russland die Rechtmäßigkeit abgesprochen. Präsident Wladimir Putin (71) sei aufgrund von «Unterdrückung und Einschüchterung» wiedergewählt worden, sagte der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell (76) am Montag vor einem Aussenministertreffen in Brüssel. «Dies waren keine freien und fairen Wahlen», sagte er.
China gratuliert Putin zum Wahlsieg
China hat Russlands Präsident Wladimir Putin (71) zum Wahlsieg gratuliert und die «langanhaltende Freundschaft» beider Länder betont. «China und Russland sind ihre jeweils grössten Nachbarländer und strategische Kooperationspartner in einer neuen Ära», sagte am Montag Außenamtssprecher Lin Jian in Peking. «Wir glauben fest daran, dass unter der strategischen Führung von Präsident Xi Jinping und Präsident Putin die Beziehungen zwischen China und Russland weiter voranschreiten.»
Rekordergebnis in Tschetschenien
In der russischen Teilrepublik Tschetschenien im Nordkaukasus hat Präsident Wladimir Putin (71) bei seiner Wiederwahl von der Wahlkommission den landesweiten Rekordwert von 98,99 Prozent der Stimmen zuerkannt bekommen. Die Wahlbeteiligung lag den Angaben vom Montag zufolge bei 97 Prozent. Damit übertrifft das frühere Kriegsgebiet, das unter Machthaber Ramsan Kadyrow (47) traditionell hohe Wahlergebnisse für die politische Führung liefert, das Ergebnis von 2018 (91,44 Prozent) und liegt russlandweit vorn.
Auch in den übrigen Kaukasus-Republiken wurde dem Amtsinhaber mit zumeist gut 90 Prozent ein überdurchschnittliches Ergebnis zugeschrieben. Die Wahlkommission sprach Putin nach Auszählung fast aller Zettel mehr als 87 Prozent der Stimmen zu – so viele wie nie bei seinen vier Wahlen zuvor.
Das offiziell beste Ergebnis erzielte Putin in Tschetschenien 2012, als für ihn 99,76 Prozent angegeben wurden. Damals soll die Wahlbeteiligung sogar bei 99,61 Prozent gelegen haben. Allerdings gelten Abstimmungen in Tschetschenien insgesamt als fragwürdig – mehr noch als in Russland. Beobachter sprechen von Repression, Zwang und Betrug in der Region. Kadyrow gilt als Gewaltherrscher, dem schwerste Menschenrechtsverstösse und auch politische Auftragsmorde vorgeworfen werden. Er präsentiert sich zugleich als treuer Ergebener Putins.
Putin warnt vor Konflikt mit Nato
Wladimir Putin (71) hat nach seiner Wiederwahl die Spannungen zwischen Russland und dem Westen, allen voran die Nato, in einem düsteren Licht gezeichnet.
Ein umfassender Konflikt mit der Nato sei nicht auszuschliessen, und in diesem Fall wäre die Welt «nur einen Schritt von einem Dritten Weltkrieg entfernt», erklärte Putin am Sonntagabend in Moskau auf einer Pressekonferenz zu seinem Sieg bei den Präsidentschaftswahlen. «Ich halte es für unwahrscheinlich, dass irgendjemand daran interessiert ist», wurde Putin weiter von der Staatsagentur Tass zitiert.
Nach Putins Worten sind in der Ukraine bereits zahlreiche Soldaten aus den Mitgliedsstaaten der Nato im Einsatz. «Das wissen wir bereits», sagte er. Man habe bereits Französisch und Englisch vernommen. «Das ist nichts Gutes, vor allem für sie, denn sie sterben dort in grosser Zahl», sagte Putin - ohne diese Behauptung zu belegen.
Putin bestätigt erstmals Pläne zu Nawalny-Austausch
Der russische Präsident Wladimir Putin (71) hat am Sonntag erstmals offiziell bestätigt, dass der inzwischen verstorbene Kremlkritiker Alexei Nawalny (†47) ausgetauscht werden sollte.
Er habe bereits sein Einverständnis zum Austausch gegen im Westen inhaftierte Russen gegeben, sagte Putin bei einer Pressekonferenz in Moskau nach seinem Sieg bei den Präsidentschaftswahlen. «Was Herrn Nawalny betrifft, ist er nicht mehr am Leben», wurde Putin zitiert. «Das ist ein trauriges Ereignis.»
«Blut saugende Wanze»
Nawalnys langjähriger Vertrauter Leonid Wolkow (43) nannte Putins Stellungnahme einen Monat nach dem Tod des Kremlgegners «zynisch». Putin, der Nawalnys Namen erstmals ausgesprochen hatte, habe seinen Gegner in Wahrheit getötet, um ihn nicht austauschen zu müssen. Er bezeichnete Putin als eine «Blut saugende Wanze», die bald platzen werde.
Kurz nach Nawalnys Tod verlautete aus dem Kreis seiner Vertrauten, dass er eigentlich gegen den in Deutschland inhaftierten sogenannten Tiergartenmörder hätte frei getauscht werden sollen. Demnach hätte der im Dezember 2021 in Deutschland verurteilte Wadim K. an Russland ausgeliefert werden sollen - im Gegenzug für Nawalny und zwei nicht näher genannte US-Amerikaner. Ein entsprechendes Angebot sei Kremlchef Wladimir Putin Anfang Februar unterbreitet worden, hiess es.
Dass die Präsidentschaftswahlen in Russland eine abgekartete Sache sind, ist klar. Kreml-Chef Wladimir Putin (71) will sich eine weitere Amtszeit sichern – und diese womöglich auf Lebenszeit ausdehnen. Putin ist einer von vier Kandidaten auf dem Wahlzettel, die Konkurrenz hat keine reelle Chance.
Protest wird gnadenlos unterdrückt. Umso mutiger sind diejenigen, die sich trauen, gegen Kreml und Machthaber aufzubegehren. Ein Video, das in den sozialen Medien kursiert, soll eine junge Frau zeigen, die in Moskau Tinte in eine Wahlurne schüttet. Sofort stürmen Sicherheitskräfte herbei und nehmen sie fest.
In den Regionen Kursk und Rostow am Don sollen zudem manipulierte Stifte zum Einsatz gekommen sein, deren Tinte unter Hitzeeinfluss verschwinden soll. So können die regimetreuen Wahlleiter angeblich Stimmzettel nachträglich ändern. Unabhängig verifizieren lässt sich diese Behauptung, die in den sozialen Medien aufkam, nicht.
Ansonsten wird schon an Tag eins von drei klar, dass die Scheinwahl mancherorts einen Spektakel-Charakter bekommt. BBC-Journalist Francis Scarr hat in einem Thread auf X einige kuriose Momente aus Wahllokalen in Russland gesammelt. Blick listet die skurrilsten Vorfälle auf.
Sänger tritt in Wahllokal auf
Der bekannte Sänger Stas Michailow (54) trat am Freitag begleitet von einer Schar bunt gekleideter Background-Sängerinnen in einem Wahllokal in Omsk auf. Michailow ist als Befürworter der Invasion in der Ukraine bekannt: Musikerkollegen, die Russland nach der Invasion verlassen haben, würden schon bald «auf ihren Knien zurückkriechen». Russlands berühmteste Sängerin Alla Pugatschowa (74), bekennende Kriegsgegnerin, ging auf Michailows Polemik ein und nannte ihn ein «Arschloch». Auch an Tag zwei und drei wird Michailow im Wahllokal auftreten.
Tucker-Carlson-Pappaufsteller
Im zum Wahllokal umfunktionierten Judozentrum von Tjumen wurde ein Papp-Aufsteller des US-amerikanischen Moderators Tucker Carlson (54) gesichtet. Wer sich schon immer mal mit dem Ex-Fox-News-Host fotografieren lassen wollte, konnte dies tun – nachdem er oder sie seine Stimme abgegeben hatte. Örtliche Behörden gingen sogar so weit, mitzuteilen, dass «jeder Wähler» nach der Stimmabgabe ein Foto mit ihm gemacht habe. Andernorts in Tjumen kam eine Frau zur Wahl, die sich und ihre Tochter als Barbie verkleidet hatte.
Carlson hatte Putin im Februar interviewt und dafür international viel Kritik einstecken müssen. Russlands Präsident hatte im Gespräch wirre Lügen verbreitet und einen halbstündigen historischen Exkurs vorgenommen.
Zeichentrickfigur geht wählen
Im Autonomen Kreis der Chanten und Mansen, östlich dem Uralgebirge, durfte ein Wähler in einem Kostüm der sowjetischen Zeichentrickfigur Tscheburaschka wählen. «Ein Wähler kam als Tscheburaschka verkleidet, eines unserer kulturellen russischen Symbole, in eines unserer Wahllokale. Er sorgte für eine festliche Atmosphäre vor Ort», zitiert Neft.Media den Vorsitzenden der Wahlkommission der Verwaltungseinheit, Denis Kornejew. Kornejew brachte zudem seine Freude über die hohe Wahlbeteiligung zum Ausdruck. Es war nicht das einzige Mal, dass Kostümierte ihre Stimme abgaben. In Burjatien tauchte eine Person in einem grossen Biberkostüm auf.
Hochzeit und dann wählen
In Jakutien wurde ein frisch verheiratetes Ehepaar gesichtet, dass direkt nach der Vermählung zum Wahllokal weiterzog. Laut Medienberichten erhielten Daria und Dimitri Timoschenko vor Ort Standing Ovations. Die örtliche Wahlkommission soll «Herzlichen Glückwunsch» skandiert haben.
Väterchen Frost an der Urne
Ein als Väterchen Frost, dem russischen Pendant zum Weihnachtsmann, verkleideter Mann wurde von der russischen staatlichen Nachrichtenagentur Ria Nowosti gefilmt, wie er seine Stimme gab. Russisch-orthodoxe Christen feiern Weihnachten eigentlich am 7. Januar und nicht Mitte März.
Gratis-Crêpe in Archangelsk
Wählerinnen und Wähler bekamen laut «Sota» in Archangelsk im Anschluss an den Urnengang eine Crêpe in die Hand gedrückt – gratis versteht sich. Dort traten zudem mehrere Frauen in Volkskleidung auf und führten traditionelle Tänze vor.