Beizen, Kinos, Kafis und Theater sind offen
So wurde Tübingen (D) zur Insel der Corona-Freiheiten

Die süddeutsche Stadt Tübingen vergibt Tagestickets an Personen mit negativem Corona-Test. Wer ein Ticket hat, kommt in den Genuss von geöffneten Restaurants, Kinos und Läden.
Publiziert: 29.03.2021 um 21:23 Uhr
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Aktualisiert: 18.04.2021 um 10:39 Uhr
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Für ein negatives Corona-Testresultat gibts in Tübingen (D) viele Freiheiten zurück.
Foto: Imago

Auch Nachbarland Deutschland kämpft seit Tagen mit steigenden Corona-Infektionszahlen. Damit einher geht die Angst vor einem erneuten scharfen Lockdown. Es wäre bereits das dritte Mal, dass die deutsche Regierung wegen der Pandemie zu der drastischen Massnahme greifen würde.

Doch nicht überall ist die Lage so düster. Die süddeutsche Stadt Tübingen im Bundesland Baden-Württemberg, etwa 120 Kilometer hinter der Grenze zur Schweiz, hat einen ganz eigenen Weg durch die Krise eingeschlagen und feiert damit grossen Erfolg. Trotzdem könnte das Modellprojekt bald wieder eingeschränkt werden.

Ein negatives Test-Resultat als Freifahrtschein

Mit rund 90'000 Einwohnern ist Tübingen etwas grösser als die Stadt Luzern. Doch verglichen mit den meisten europäischen Orten pulsiert das Leben in Tübingen momentan geradezu. Restaurants und Bars dürfen in den Aussenbereichen Gäste empfangen, Läden, Kinos und sogar Theater sind für Besucher geöffnet.

Möglich macht das alles eine beispiellose Test-Offensive. In insgesamt neun Zentren kann sich die Bevölkerung seit rund zwei Wochen regelmässig auf das Coronavirus testen lassen. Fällt der Befund negativ aus, bekommen die Personen ein Tagesticket. Dieses ist eine Art Freifahrtschein für einen Besuch in den Lokalen und Läden.

Die Strategie scheint bei den Menschen gut anzukommen. Auch für Besucher, die von Ausserhalb in die Stadt kommen wollen, steht ein bestimmtes Kontingent an Tests und Tagestickets zur Verfügung. Die Anzahl ist auf 3000 Tickets beschränkt. Damit soll verhindert werden, dass Tübingen insbesondere am langen Osterwochenende überrannt wird von Menschen, die ebenfalls in den Genuss der Tübinger Freiheiten kommen wollen.

Ausgangsbeschränkungen – «Warum nicht?»

Gerade diese Freiheiten könnten aber nun trotz der Massenschnelltests wieder etwas eingeschränkt werden. Das verlangt zumindest der Grünen-Politiker und Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (48). Vor allem nächtliche Partys und Menschenansammlungen im Alkohol-Rausch sind Palmer ein Dorn im Auge. Er befürchtet, dass das Projekt scheitern könnte, weil bei feucht-fröhlichen Festen das Virus doch verteilt würde.

Palmer denkt darum zumindest an nächtliche Ausgangsbeschränkungen. «Ich hätte gar nichts dagegen zu sagen: Ab 20 Uhr ist wirklich Ruhe», erklärte Palmer gegenüber der Zeitung «Bild». So wäre tagsüber ein geordnetes Leben mit vielen Freiheiten möglich, während nachts alle daheim sind. «Warum nicht?», so Palmer.

Unbegründet ist die Sorge vor einem Abbruch des Modells nicht. Im Landkreis Tübingen, also der Region rund um die Stadt, stieg die Zahl der Infektionen zuletzt wieder an. Ändert sich dieser Trend nicht bald, tritt für das Gebiet und damit auch für die Stadt Tübingen eine von der Regierung verordnete Notbremse in Kraft. Mit den Freiheiten im Gewerbe und der Gastronomie wäre es dann erstmal wieder vorbei. (cat)

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