Behörden rätseln
Gefährliche Krankheit breitet sich plötzlich in Japan aus

Die japanischen Gesundheitsbehörden bemühen sich verzweifelt, die Ursache für einen Anstieg von potenziell tödlichen Streptokokken-Erkrankungen zu finden. Ein Experte glaubt, die mysteriöse Erkrankungswelle hängt mit der Aufhebung der Corona-Massnahmen zusammen.
Publiziert: 15.03.2024 um 15:02 Uhr
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Aktualisiert: 15.03.2024 um 16:55 Uhr
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In Japan werden immer mehr Fälle potenziell tödlicher Streptokokken-Infektionen registriert.
Foto: Shutterstock
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Marian NadlerRedaktor News

Alarm in Japan: In grossen Städten wie Tokio, Osaka und Kyoto geht die Angst um. Die Angst vor der schlimmsten und tödlichsten Form einer Streptokokken-Erkrankung. Eine gefährliche Welle der bakteriellen Infektionen breitet sich in Rekordgeschwindigkeit in Japan aus. Die Behörden haben Schwierigkeiten, die Ursache für den Anstieg an Infektionen zu ermitteln. Das berichtet der britische «Guardian».

Schon jetzt ist so gut wie klar, dass die Zahl der Fälle im Jahr 2024 die Rekordzahlen des vergangenen Jahres übersteigen wird. Mehrere virulente und infektiöse Streptokokken-Stämme sind bereits im Land entdeckt worden.

Am Nationalen Institut für Infektionskrankheiten (NIID), einer dem Gesundheitsministerium unterstellten Einrichtung, versuchen die Experten verzweifelt herauszufinden, was hinter dem Anstieg stecken könnte. «Es gibt immer noch viele unbekannte Faktoren hinsichtlich der Mechanismen hinter schweren und plötzlichen Formen von Streptokokken, und wir sind noch nicht im Stadium, in dem wir sie erklären können», teilt das NIID mit.

Im schlimmsten Fall droht Organversagen

Laut vorläufigen Zahlen des NIID wurden im vergangenen Jahr 941 Fälle des durch Streptokokken hervorgerufenen toxischen Schocksyndroms (STSS) registriert. 2024 wurden allein in den ersten zwei Monaten schon 378 Fälle dokumentiert. Nur in zwei Regionen Japans gab es keine Infektionen.

Zur Risikogruppe für Streptokokken-Infektionen gehören vor allem ältere Menschen, nun trifft es aber auch immer mehr Menschen unter 50 Jahren. Wie die Zeitung «Asahi Shimbun» berichtet, starben von den 65 Menschen unter 50 Jahren, bei denen zwischen Juli und Dezember 2023 ein toxisches Schocksyndrom im Zusammenhang mit einer Streptokokken-Infektion diagnostiziert wurde, 21. In anderen Worten: ein Drittel.

Für die meisten STSS-Fälle ist ein Bakterium namens Streptococcus pyogenes verantwortlich. Bei Erwachsenen über 30 enden rund 30 Prozent der STSS-Fälle tödlich.

Bei Infizierten treten erkältungsähnliche Symptome auf, in manchen Fällen verschlimmern sich die Symptome zu Hals-, Mandel-, Lungenentzündungen und Meningitis. Im schlimmsten Fall drohen der toxische Schock, Organversagen und Nekrose, weshalb manchmal auch von «fleischfressenden Bakterien» die Rede ist.

Infektion über Körperkontakt und Wunden

Einige Experten gehen davon aus, dass der rasante Anstieg der Fälle im vergangenen Jahr mit der Aufhebung der während der Corona-Pandemie verhängten Beschränkungen zusammenhängt. Einer von ihnen, der Infektiologe Ken Kikuchi von der Tokyo Women's Medical University, ist besorgt über den dramatischen Anstieg der Patienten mit schweren Streptokokken-Infektionen in diesem Jahr. «Wir müssen den Infektionszyklus schwerer invasiver Streptokokken-Erkrankungen aufklären und diese sofort unter Kontrolle bringen», fordert er. Seine Argumentation: Die Aufhebung der Corona-Massnahmen habe dazu geführt, dass mehr Menschen auf Massnahmen zur Infektionsprävention, wie beispielsweise das regelmässige Desinfizieren der Hände, verzichteten.

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«Wir müssen den Infektionszyklus schwerer invasiver Streptokokken-pyogenes-Erkrankungen aufklären und diese sofort unter Kontrolle bringen.»
Infektiologe Ken Kikuchi von der Tokyo Women's Medical University
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Streptokokken werden durch Tröpfcheninfektion und Körperkontakt übertragen. Das Bakterium kann Patienten auch über Wunden an Händen und Füssen infizieren.

Für den Umgang mit Streptokokken-Infektionen hat das Gesundheitsministerium Hygiene-Tipps parat, die schon während Corona zum Alltag gehörten. «Wir möchten, dass die Menschen vorbeugende Massnahmen ergreifen, wie zum Beispiel ihre Finger und Hände sauber zu halten», sagte Gesundheitsminister Keizo Takemi (72) gegenüber Reportern.

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